Umsatzsteuerliche Bildungsleistungen
Durch das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) wurde die Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen umfassend geändert. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der ursprüngliche Entwurf kurz vor der Verabschiedung für viel Aufsehen gesorgt und massive Branchenkritik ausgelöst hatte. Daher wurde die finale Regelung durch den Bundesrat noch einmal entscheidend geändert.
Ursprünglich geplante Regelungen zu Bildungsleistungen
Durch das JStG 2024 sollten ursprünglich die folgenden drei Punkte erreicht werden:
- Die Steuerbefreiung ab 2025 sollte für Fortbildungseinrichtungen nur dann gelten, wenn diese keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Dies hätte viele professionellen Anbieter in der Fortbildung von der Steuerbefreiung ausgeschlossen.
- Das bisherige Bescheinigungs-Verfahren, bei welchem die zuständige Landesbehörde eine Bescheinigung als Grundlage für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung auszustellen hat, sollte abgeschafft werden.
- Zur Angleichung an die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) sollte eine eigene Steuerbefreiung für Privatlehrer geschaffen werden.
Umgesetzt wurde lediglich der dritte Punkt hinsichtlich der Steuerbefreiung für Privatlehrer. Die beiden anderen Punkte (Sonderregelung für Fortbildungsleistungen sowie die Abschaffung des Bescheinigungsverfahrens) wurden nicht umgesetzt.
Tatsächliche Neuregelung durch das JStG 2024
Die finalen Änderungen durch das JStG 2024 sehen im Übrigen eine gänzlich andere Regelung vor. Die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen wurde nun schlicht an die Definitionen der europäischen MwStSystRL angeglichen und auf sämtliche Bildungseinrichtungen ausgedehnt. Somit fallen auch Fortbildungseinrichtungen mit Gewinnstreben unter die Steuerbefreiung.
Hinweis: Diese Steuerbefreiung ist zwingend; eine Option zur Umsatzbesteuerung ist bei Bildungsleistungen nicht möglich.
Das Bescheinigungsverfahren besteht für private Bildungsunternehmen ebenfalls unverändert fort. Aufgrund der Anlehnung an die MwStSystRL hat sich aber der Bescheinigungsinhalt geändert, so dass die bisherigen Bescheinigungen zum Jahreswechsel ihre Gültigkeit verlieren (dürften).
Was Bildungseinrichtungen jetzt tun sollten
Für private Bildungseinrichtungen (private Schulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen, bspw. als GmbH, GbR o.Ä.), die ihre Bildungsleistungen direkt gegenüber Endverbrauchern erbringen, ist die Steuerbefreiung weiterhin von einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde (Grundlagenbescheid) abhängig.
Die bisherigen Bescheinigungen dürften zum 1. Januar 2025 ihre Gültigkeit verlieren. Damit sind die Leistungen entsprechender Einrichtung – ohne Bescheinigung nach neuem Recht – zunächst steuerpflichtig. Auch der Vorsteuerabzug ist ab 1. Januar 2025 möglich, solange die zuständige Landesbehörde keine Bescheinigung ausgestellt hat.
Sofern vorteilhaft, müssten bei der zuständigen Landesbehörde schnellstmöglich neue Bescheinigungen beantragt werden, um die Steuerbefreiung auch für Leistungen ab dem Jahr 2025 nutzen zu können. Da dies bis zum 1. Januar 2025 nicht flächendeckend möglich sein wird, müsste das BMF hierzu in den kommenden Tagen noch ein entsprechendes Schreiben mit einer Übergangsregelung veröffentlichen.
Ob eine Bescheinigung aktiv beantragt werden sollte, ist von den jeweiligen Verhältnissen abhängig. Vorsicht: Die zuständige Landesbehörde oder das Finanzamt können auch von Amts wegen tätig werden und eine Bescheinigung veranlassen!
Stellt die zuständige Landesbehörde eine Bescheinigung nach neuem Recht aus, ist die Steuerbefreiung zwingend anzuwenden, sofern es sich um Bildungsleistungen handelt. Damit entfällt ab dann für die betroffenen Leistungen grundsätzlich auch der Vorsteuerabzug; Vorsteuerberichtigungen sind entsprechend zu prüfen.
Privatlehrer benötigen keine Bescheinigung
Für natürliche Personen, die ihrerseits Schulunterricht bzw. Hochschulunterricht als Privatlehrer direkt gegenüber Endverbrauchern erbringen (bspw. beim privaten Nachhilfeunterricht), ist die Steuerbefreiung ab 2025 zwingend zu beachten. Eine Bescheinigung ist somit nicht erforderlich. Für steuerfreie Leistungen kann somit spätestens ab 2025 kein Vorsteuerabzug mehr geltend gemacht werden und eine Vorsteuerberichtigung muss geprüft werden, wenn die Leistungen bisher umsatzsteuerpflichtig behandelt wurden.
Für andere Bildungsleistungen außerhalb des Schul- bzw. Hochschulunterrichts, wie bspw. beim Schwimm-/Fahrschulunterricht muss im Einzelfall geprüft werden, ob diese Leistungen der neuen Steuerbefreiung unterliegen.
Selbständige Lehrer als Subunternehmer
Für „selbständige Lehrer“, die ihre Bildungsleistungen nicht direkt gegenüber Endverbrauchern erbringen (Subunternehmer), gelten abweichende Grundsätze. Die Steuerbefreiung ist für Bildungsleistungen ab dem 1. Januar 2025 auf Ebene von Subunternehmen davon abhängig, dass der Auftraggeber selbst steuerbefreit ist und dem Subunternehmen bestätigt, dass Leistungen an ihn als Bildungseinrichtung erbracht werden (sog. Bestätigungsverfahren). Nur wenn diese Bestätigung des Auftraggebers vorliegt, können Subunternehmen ihre eigenen Bildungsleistungen gegenüber dem Auftraggeber ab 1. Januar 2025 steuerfrei abrechnen. Andernfalls gilt für diese „Bildungsleistungen“ Umsatzsteuerpflicht wodurch der Vorsteuerabzug ermöglicht wird.