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Tätowieren – eher Kunst oder Handwerk

Finanzgericht urteilt über Gewerbesteuerpflicht
Tätowieren – eher Kunst oder Handwerk
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25.03.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

Tätowieren – eher Kunst oder Handwerk

Finanzgericht urteilt über Gewerbesteuerpflicht

Ist Tätowieren eher Kunst oder Handwerk? Das ist nicht nur eine individuelle Geschmacksfrage, sondern beschäftigt auch immer wieder die Gerichte. So musste sich das Bundessozialgericht mit der Frage beschäftigen, ob Tätowierer Pflichtmitglied in der Künstlersozialkasse sind. Aber auch die steuerliche Beurteilung ist nicht immer einfach, wie ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf (Urteil vom 18. Februar 2025 – 4 K 1875/23) zeigt. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen.

Einzigartiger Tattookünstler

In seiner Einkommensteuererklärung gab der Steuerpflichtige einen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit an. Hiervon abweichend behandelte das Finanzamt den Gewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die auch der Gewerbesteuer unterliegen. Dagegen legte der Steuerpflichtige Einspruch ein. Seine Tätigkeit sei als künstlerisch zu beurteilen, denn seine Kunden wählten keine Tattoos aus einem Katalog aus. Er schaffe jeweils Vorlagen, die nur ein einziges Mal zu einem Tattoo gestochen würden. Er habe lediglich ein Portfolio, um die Qualität seiner Arbeit zu illustrieren. Des Weiteren nehme er mit den von ihm erstellten Motiven an Ausstellungen und Wettbewerben teil.

Das Finanzamt nahm dagegen einen Gewerbebetrieb an. Trotz der kreativen Komponente sei Tätowieren handwerklich, da der Schwerpunkt auf der manuell-technischen Umsetzung liege. Tattoos seien Gebrauchskunst, da durch die Beauftragung und die Direktlieferung an die Kunden unmittelbar ein Gebrauchsvorteil vorliege. Hieran ändere auch die eigenhändige Motivgestaltung nichts, da dies bloße Vorarbeit und für das Kunsthandwerk typisch sei und die Tätigkeit gleichwohl handwerklich geprägt bleibe.

Finanzgericht sieht zweckfreie Kunst bei Tätowieren

Das Finanzgericht folgte der Argumentation des Finanzamtes nicht und urteilte, dass der Steuerpflichtige künstlerisch tätig geworden sei und somit Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit vorliegen. Die Rechtsprechung des BFH unterscheide im Bereich der künstlerischen Tätigkeiten zwischen zweckfreier Kunst und Gebrauchskunst. Bei der zweckfreien Kunst reicht es aus, wenn den Werken nach der allgemeinen Verkehrsauffassung das Prädikat des Künstlerischen nicht abgesprochen werden kann und die Arbeiten ausschließlich auf das Hervorbringen einer ästhetischen Wirkung gerichtet sind (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2021 – VIII B 30/20, Tz. 4).

Eigenschöpferische Leistung nur bei Gebrauchskunst notwendig

Im Bereich der Gebrauchskunst hingegen liegt nach ständiger Rechtsprechung eine künstlerische Tätigkeit nur dann vor, wenn die betreffende Person eigenschöpferisch tätig wird, d. h. Leistungen vollbringt, in denen sich eine individuelle Anschauungsweise und eine besondere Gestaltungskraft widerspiegeln, und wenn diese Leistungen eine gewisse Gestaltungshöhe erreichen. Ob die Voraussetzungen einer künstlerischen Tätigkeit gegeben sind, ist von den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall abhängig.

Im Urteilsfall gelangte das Finanzgericht zu der Überzeugung, dass die vom Steuerpflichtigen angefertigten Tätowierungen der zweckfreien Kunst zuzuordnen seien. Der Steuerpflichtige habe anschaulich dargelegt, dass sich seine Tätigkeit nicht etwa in der Übertragung von durch die Kunden ausgewählten Motiven auf deren Haut erschöpft.

Es sei nicht erkennbar, welcher Gebrauchs- oder Nützlichkeitswert den erstellten Tätowierungen zukommt. Diese verfolgen – nicht anders als etwa Gemälde – einen rein ästhetischen Zweck. Die erstellten Werke werden von den Kunden weder gewerblich genutzt noch handelt es sich um Gebrauchsgegenstände mit einem eigenen Nützlichkeitswert.

Einheitliche Tätigkeit nicht künstlich aufspalten

Eine Aufspaltung der Anfertigung von Tätowierungen in einen künstlerischen und einen handwerklichen Teil lehnte das Finanzgericht ab. Sind bei einer Tätigkeit die verschiedenen Tätigkeitsarten derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, so richtet sich die steuerliche Beurteilung danach, ob das künstlerische oder das gewerbliche Element vorherrscht.

Im Streitfall kam das Finanzgericht zu dem Schluss, dass, selbst wenn man von einem gewerblichen, manuell-technischen Teilbereich ausgeht, der künstlerische Teil überwiegt. Denn nach der Verkehrsanschauung ist die Leistung des Tätowierers vorrangig durch dessen kreative Tätigkeit, die sich durch die Arbeitsabläufe von der Vorlagenerstellung bis zur Umsetzung der Tätowierung zieht, geprägt. Demgegenüber tritt der handwerkliche Aspekt der Tätigkeit in den Hintergrund. Bei den Werken ist ohne Weiteres erkennbar, dass eine schöpferische Leistung vorliegt, die deutlich über den im Wesentlichen erlernbaren manuell-technischen Prozess der Tätowierung hinausgeht.

Tipp: Es kommt also wie so oft auf den konkreten Einzelfall an. Tätowierer sollten in ähnlich gelagerten Fällen mit Hinweis auf das Urteil des FG Düsseldorf Einspruch einlegen, wenn das Finanzamt ihre Tätigkeit als gewerbliche Einkünfte qualifizieren will. Sobald die zugelassene Revision eingelegt wird, kann zudem ein Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofes beantragt werden.

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