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Sommer, Sonne, Sachbezug

Was Arbeitgeber bei Saisonarbeitskräften beachten müssen
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19.06.2023 — Lesezeit: 10 Minuten

Sommer, Sonne, Sachbezug

Was Arbeitgeber bei Saisonarbeitskräften beachten müssen

Der Sommer naht und mit ihm die Zeit der Saisonarbeitskräfte. Sei es im Biergarten oder als Erntehelfer: Viele Arbeitgeber möchten die zeitweise Unterstützung im eigenen Unternehmen nicht mehr missen. Damit auch bei einer Betriebsprüfung die Sonne scheint, sollten Arbeitgeber vorab auf einige Formalien achten.

Sofortmeldung bei der Rentenversicherung

Eine Sofortmeldung ist die durch den Arbeitgeber bei der Rentenversicherung vorgenommene Anmeldung der Arbeitnehmer in Branchen, in denen erfahrungsgemäß ein hohes Risiko für Schwarzarbeit besteht. Dazu zählen u. a. das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe und Unternehmen der Forstwirtschaft. Die Anmeldung ist spätestens bei Beschäftigungsaufnahme abzugeben. Dies kann über das Entgeltabrechnungsprogramm oder über sv-net.de erfolgen.

Hinweis: Ende 2023 wird sv-net.de durch das neue SV-Meldeportal abgelöst, welches Arbeitgebern bereits ab Juli 2023 zur Verfügung stehen soll. Da sv-net.de zum 1. Januar 2024 abgeschaltet werden soll, sollten Arbeitgeber den Übergangszeitraum nutzen und sich bis spätestens Ende 2023 für das neue Portal registrieren. Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der ITSG.

Mit der Sofortmeldung werden Familien- und Vornamen, Versicherungsnummer, Betriebsnummer des Arbeitgebers und der Tag der Beschäftigungsaufnahme übermittelt. Liegt noch keine Versicherungsnummer vor, müssen zusätzlich das Geburtsdatum, Geburtsort und Anschrift angegeben werden. Eine fehlende Sofortmeldung gilt als Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro zu Buche schlagen.

Hinweis: Die Sofortmeldung ersetzt nicht die reguläre Anmeldung als neuer Arbeitnehmer bei den Einzugsstellen der Sozialversicherung. Diese Meldung ist zusätzlich im Rahmen der ersten Gehaltsabrechnung vorzunehmen.

Formalien bei ausländischen Arbeitskräften einhalten

Gerade in grenznahen Regionen werden oftmals ausländische Beschäftigte für die Ernte oder in der Gastronomie eingesetzt. Haben Arbeitnehmer keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, sind sie nur mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig. Diese liegen vor, wenn die nichtselbständige Arbeit im Inland ausgeübt wurde.

Tipp: Lassen Sie sich von Ihren ausländischen Arbeitnehmern eine Wohnsitzerklärung unterschreiben und nehmen Sie diese zu den Lohnunterlagen. So sind Sie auf der sicheren Seite.

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist vom Arbeitgeber Lohnsteuer vom Arbeitslohn einzubehalten, sofern es sich um einen inländischen rechtlichen oder wirtschaftlichen Arbeitgeber handelt. Für die Tätigkeit für den inländischen Arbeitgeber ist daher grundsätzlich Lohnsteuer einzubehalten. Steht das Besteuerungsrecht für alle oder einzelne Arbeitstage aufgrund eines gültigen Doppelbesteuerungsabkommens zwischen dem jeweiligen Wohnsitzstaat und Deutschland nicht Deutschland zu, kann beim Finanzamt ein Antrag auf Freistellung der anteiligen Arbeitstage vom Lohnsteuerabzug gestellt werden. Der Anteil des steuerfreien Arbeitslohns unterliegt dann nicht der deutschen Lohnsteuer und ist in Zeile 16a der Lohnsteuerbescheinigung einzutragen.

In der Sozialversicherung ist zunächst zu klären, ob deutsches oder ausländisches Recht gilt. Die endgültige Entscheidung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften obliegt den Sozialversicherungs-behörden. Auskünfte hierzu erteilt die Deutsche Verbindungsstelle Krankenkasse Ausland (DVKA).

Sozialversicherungsfalle Mini-Jobber

Grundsätzlich gilt: Ist für den Mini-Jobber deutsches Recht anzuwenden, muss er bei der Minijob-Zentrale gemeldet werden. Gilt für ihn das Recht seines Heimatlandes, müssen die dort geltenden Vorschriften berücksichtigt werden. In diesem Fall muss der Mini-Jobber nicht als solcher in Deutschland gemeldet sein.

Ausländische Arbeitnehmer, die ausschließlich eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland ausüben, unterliegen grundsätzlich den deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohnsitzes oder des Firmensitzes des Arbeitgebers. Da die geringfügige Beschäftigung selbst krankenversicherungsfrei ist, begründet sie keine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Allerdings kommt für diese Personen, sofern sie nicht anderweitig in Deutschland gesetzlich krankenversichert sind, eine Auffang-Versicherungspflicht in Betracht. Ausgenommen von der Auffang-Versicherungspflicht sind nur Arbeitnehmer, die zuletzt privat krankenversichert waren. Dies kann bei Arbeitnehmern aus einem EU-/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz auch eine in ihrem Heimatland bestehende oder zuletzt bestandene private Krankenversicherung sein. Die private Krankenversicherung ist entsprechend nachzuweisen. Sofern der Arbeitnehmer in Deutschland gesetzlich krankenversichert ist bzw. die Voraussetzungen hierfür erfüllt, fallen Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung an.

Hinweis: Die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung führt bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit Dänemark, Luxemburg und Österreich zu Ausnahmen hinsichtlich der Absicherung im Krankheitsfall.

Bei Arbeitnehmern, die eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland ausüben und daneben in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz erwerbstätig sind, können die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit eines anderen Mitgliedstaates gelten. Dies ist durch Vorlage der sogenannten A1-Bescheinigung nachzuweisen. In diesem Fall finden die Regelungen für geringfügige Beschäftigungen in Deutschland keine Anwendung, so dass keine Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung (und auch keine anderen Abgaben) zu zahlen sind. Sämtliche dem Arbeitgeber obliegenden Melde- und Beitragspflichten richten sich dann nach dem Recht des zuständigen Mitgliedstaates.

Hinweis: Von einer ungeprüften Anmeldung der ausländischen Arbeitnehmer zur deutschen Sozialversicherung ist auf jeden Fall abzuraten, denn falls der Saisonarbeiter in seinem Wohnstaat versicherungspflichtig ist, können die ausländischen Versicherungsträger auch nach vielen Jahren die ihnen zustehenden Beiträge vom deutschen Arbeitgeber verlangen. 

Kurzfristige Beschäftigung nicht mehr möglich? Sozialgericht stellt hohe Hürden auf.

Viele Saisonarbeitskräfte überschreiten mit ihren monatlichen Einnahmen die Geringfügigkeitsgrenze von aktuell 520 Euro. Ist nach der vorangegangenen Prüfung des anwendbaren deutschen Sozialversicherungsrechts eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland grundsätzlich möglich, sind die Voraussetzungen einer kurzfristigen Beschäftigung zu prüfen. Hinweise zur Umsetzung haben die Spitzenverbände der Sozialversicherung in den Geringfügigkeitsrichtlinien gegeben.

Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn diese innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist und nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Die Voraussetzungen sind nur dann erfüllt, wenn die Beschäftigung nicht regelmäßig, sondern gelegentlich ausgeübt wird. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt hingegen nicht vor, wenn die Beschäftigung von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. In diesem Fall handelt es sich um eine regelmäßige Beschäftigung.

So kam auch das Sozialgericht Landshut in seinem Urteil vom 9. März 2023 zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um eine kurzfristige Beschäftigung handelt, wenn ein Arbeitgeber etwa für die Spargelernte jedes Jahr wiederkehrend gleiche Beschäftigte verpflichtet. Auch nach den Richtlinien der Spitzenverbände ist keine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung möglich, wenn der Betrieb des Arbeitgebers strukturell auf den Einsatz solcher Arbeitskräfte angewiesen ist.

Gerade in der Landwirtschaft im Bereich des Obst- und Gemüseanbaus sind ausländische Erntehelfer nicht wegzudenken. Werden diese wiederkehrend jährlich beschäftigt oder ist der Betrieb nur mithilfe dieser Arbeitnehmer in der Lage die anfallenden Tätigkeiten zu bewältigen, kann die Sozialversicherung den Status als kurzfristig Beschäftigte versagen.

Aber auch wenn eine kurzfristige Beschäftigung grundsätzlich zulässig ist und die Zeitgrenzen nicht überschritten werden, liegt keine kurzfristige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird. Berufsmäßig bedeutet, dass sie für den Arbeitnehmer nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist und er damit seinen Lebensunterhalt überwiegend bestreitet. Wenn Saisonarbeitskräfte aus Niedriglohnländern den Zeitraum einer kurzfristen Beschäftigung in großem Umfang ausschöpfen, wird die wirtschaftliche Relevanz für ihren Lebensunterhalt kaum verneint werden können. Das Sozialgericht Landshut sah dies in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits bei einem Hinzuverdienst von 10 Prozent zum Haupteinkommen als gegeben an.

Somit ist die Berufsmäßigkeit bei grenzüberschreitenden Saisonkräften bei einem großen Entgeltgefälle zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Herkunftsland in der Regel gegeben.

Beschäftigungen, die nur gelegentlich ausgeübt werden, sind grundsätzlich von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und daher als nicht berufsmäßig anzusehen. Es handelt sich um Beschäftigungen, für die bei ihrer Aufnahme keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der ersten Beschäftigung innerhalb absehbarer Zeit eine weitere folgen wird. Aber Vorsicht: Bei Schulabgängern, die zwischen dem Abschluss und dem Beginn einer Berufsausbildung noch einen kurzfristigen Job ausüben, liegt regelmäßig Berufsmäßigkeit vor.

Um die Berufsmäßigkeit bei ausländischen Arbeitnehmern zu prüfen, gibt es bundeseinheitliche zweisprachige Fragebögen für Saisonarbeitskräfte aus dem osteuropäischen Ausland. Während das Sozialgericht Lüneburg in seinem Urteil vom 19. Mai 2022 noch eine arbeitgeberfreundliche Haltung vertrat und die Angaben der Beschäftigten auf den Fragebögen als ausreichend erachtete, vertritt das Sozialgericht Landshut im Urteil vom 9. März 2023 eine gegenteilige Auffassung. Das bloße Ankreuzen von Feldern, insbesondere „Hausmann/-frau“ sei nicht ausreichend für die Versicherungsfreiheit, wenn die Angaben insgesamt unplausibel seien. Dies würde zu Missbrauch führen und der Arbeitgeber ist zur weiteren Sachverhaltsaufklärung verpflichtet.

Arbeitgeber sollten sich vorab bei einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen, denn es ist damit zu rechnen, dass dieses Thema verstärkt in Betriebsprüfungen aufgegriffen wird.

 Unterkunft und Verpflegung richtig abrechnen

Gerade in der Landwirtschaft ist es nicht unüblich, den Erntehelfern für die Zeit der Tätigkeit im eigenen Betrieb auch Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung zu stellen. Auch hierbei handelt es sich grundsätzlich um steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn. Allerdings gibt es Erleichterungen, denn es sind nicht die tatsächlichen Kosten, sondern die festgelegten (geringeren) Sachbezugswerte anzusetzen. Für das Jahr 2023 gelten die folgenden Sachbezugswerte:

  Frühstück Mittagessen Abendessen Gesamt
Monatlich 60,00 Euro 114,00 Euro 114,00 Euro 288,00 Euro
Täglich 2,00 Euro 3,80 Euro 3,80 Euro 9,60 Euro

Hinweis: Bei Mahlzeitengestellung ist seit 1. Januar 2019 in die Lohnsteuerbescheinigung zwingend der Buchstabe „M“ einzutragen.

Auch ein geldwerter Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Wohnraum ist grundsätzlich steuerpflichtiger Arbeitslohn. Für die Bewertung ist zwischen Wohnung und Unterkunft zu unterscheiden. Für eine Unterkunft erfolgt die Bewertung mit dem amtlichen Sachbezugswert. Dieser beträgt für freie Unterkunft in 2023 bundeseinheitlich monatlich 265 Euro. Bei der Belegung mit mehreren Beschäftigten gelten andere Werte.

Tipp: Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 25. Mai 2022 (7 K 3447/18 L) bestätigt, dass der Sachbezugswert auch für steuerliche Zwecke geringer anzusetzen sein kann, wenn der überlassene Wohnraum nur einen sehr einfachen Standard erfüllt, z. B. wenn es sich um Wohnwagen bzw. Wohncontainer mit weniger als 8 Quadratmetern handelt, bei denen die sanitären Einrichtungen nur über den Außenbereich zugänglich waren.

Hinweis: Umsatzsteuer bei der Überlassung von Wohncontainern

Sachbezüge, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern gewährt, sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Für Mahlzeiten gilt dabei im Zeitraum 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2023 der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent, für Getränke jedoch der Regelsteuersatz von 19 Prozent. Auch die kurzfristige Überlassung von Wohncontainern an Arbeitnehmer kann dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschied. Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, ist umsatzsteuerbar. Zu den Fremden zählen auch eigene Arbeitnehmer. In der gesetzlichen Vorschrift zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes findet sich kein Verweis auf die Notwendigkeit von Gebäuden, sodass auch nicht ortsfeste Wohncontainer begünstigt sind. Die Vermietung erfolgte im Urteilsfall für maximal 3 Monate, somit weniger als 6 Monate und damit kurzfristig. Der ermäßigte Steuersatz war anzuwenden.

Fazit: Die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften birgt eine Vielzahl steuer-, arbeits- und sozialrechtlicher Fallen. Lassen Sie sich daher vorab von Ihrem Steuerberater und einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten. So können Sie entspannt in die nächsten Prüfungen der Finanzverwaltung und Sozialversicherungsbehörden gehen.

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