Game over – Spenden für Streamingleistungen sind umsatzsteuerpflichtig
Vor dem Computer im stillen Kämmerlein Videospiele spielen? Das war einmal. Die Spielenden streamen, also teilen, heutzutage ihre Spiele mit Interessenten auf der ganzen Welt über Live-Streaming-Videoportale im Internet und interagieren mit ihren Zuschauern. Viele Zuschauer möchten die Leistungen der Streamer im jeweiligen Videospiel würdigen und spenden an diese einen kleinen Geldbetrag, vergleichbar mit Trinkgeld im Restaurant. Von diesen „Spenden“ möchte auch das Finanzamt etwas abhaben – in Form von Umsatzsteuer. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte sich daher in seinem Urteil vom 4. März 2022 (1 K 2812/19 U) mit den umsatzsteuerlichen Folgen zu befassen.
Im Urteilsfall ging es um einen Spieler, der im Rahmen einer Partnerschaft auf einer Streamingplattform aktiv ist und dort einen eigenen Kanal betreibt. Auf der Seite des Kanals hatte der Zuschauer die Möglichkeit, dem Spieler entweder live oder als Video dabei zuzusehen, wie er an Computer-/Videospielen teilnahm und in unterschiedlichen Rollen das jeweilige Rollenspiel fortentwickelte. Auf dem Kanal des Spielers hatte der Zuschauer ebenfalls die Möglichkeit, ein Abonnement für die Seite des Spielers abzuschließen oder auch unabhängig von einem Abonnement Geldbeträge an diesen zu übermitteln.
Der Spieler war der Ansicht, dass es sich bei den „Spenden/Donations“ um nicht umsatzsteuerpflichtige Umsätze handelt. Das Finanzamt und das Finanzgericht sahen das jedoch anders. Eine Revision zum Bundesfinanzhof ist nicht zugelassen.
Streamer erbringt Unterhaltungsleistungen
Nach Ansicht des Finanzgerichts handelt es sich bei den „Donations/Spenden“ um Entgelt für die vom Spieler an seine Zuschauer erbrachten Streamingleistungen. Schauspielerische oder sonstige unterhaltende Darstellungen fallen als Unterhaltungs- bzw. Entertainmentleistungen unter die sonstigen Leistungen. Unterhaltende Leistungen wie z. B. Theater oder Ballett stellen dabei geldwerte Güter dar, für dessen Konsum oder Zugänglichkeit der Verbraucher typischerweise ein Entgelt entrichtet. Mit voranschreitendem technischem Fortschritt und der laufenden Digitalisierung ist für eine Unterhaltungsleistung unerheblich, ob diese örtlich unmittelbar vor einem Publikum oder im Internet zur Schau gestellt wird.
Indem der Spieler in den Spielen diverse Rollen im Rahmen der Rollenspiele einnimmt und sich daraus ein individueller Spielverlauf ergibt, erbringt er solche unterhaltenden Leistungen. Zugleich animiert er die Zuschauer, an den entsprechenden Spielen teilzunehmen bzw. sorgt bewusst für die Unterhaltung von Zuschauern, die lediglich das Spiel als Außenstehende verfolgen möchten.
Über die Chatfunktion steht der Spieler mit seinen Zuschauern auch in einem interaktiven Kommunikationsaustausch, beantwortet Fragen oder kommentiert das Spiel. Die Zuschauer genießen auf diese Weise auf dem Kanal des Spielers diverse Unterhaltungsleistungen.
Zwischen den Unterhaltungsleistungen des Klägers und den von den Zuschauern freiwillig gezahlten Donations besteht auch ein unmittelbarer Zusammenhang, denn der Zuschauer begibt sich zielgerichtet auf den Kanal des Klägers, um sich dort unterhalten zu lassen. Dieser Kanal stellt die virtuelle Räumlichkeit des Unternehmens des Klägers dar, in welchem er seine Unterhaltungsleistungen anbietet und die Zuschauer diese beziehen.
Die Zahlungen der Donations durch die Zuschauer sind auch nicht mit den Zahlungen von Spenden eines Passanten an einen Straßenmusiker vergleichbar. Anders als ein Passant auf einer Straße, der nicht zielgerichtet die musikalische Unterhaltung durch den Straßenmusiker beabsichtigt, suchen die Zuschauer des Klägers gezielt den Kanal virtuell auf, um sich unterhalten zu lassen.
Für die umsatzsteuerliche Beurteilung spielt es auch keine Rolle, dass die Zahlung der jeweiligen Donation auf freiwilliger Basis erfolgt und auch die Höhe in das Ermessen des Zuschauers gestellt ist. Die Umsätze aus dem Donations sind umsatzsteuerpflichtig. Sie unterliegen als Entgelt für die vom Spieler an seine Zuschauer erbrachten Streamingleistungen dem Regelsteuersatz von 19 Prozent.