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Full House für das Finanzamt

Gewinne aus Online-Pokerspielen können gewerbliche Einkünfte sein
Full House für das Finanzamt
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11.08.2023 — Lesezeit: 3 Minuten

Full House für das Finanzamt

Gewinne aus Online-Pokerspielen können gewerbliche Einkünfte sein

Bei Pokerspielen denkt so manch einer vielleicht an die Saloons des Wilden Westens. Doch Zeiten ändern sich und nicht erst seit Corona erfreuen sich Onlinespiele wie Poker großer Beliebtheit. Wer sogar so gut ist, dass sich damit Geld verdienen lässt, macht vielleicht sein Hobby zum Beruf. Doch dann möchte auch das Finanzamt mitspielen und am Jackpot beteiligt werden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 22. Februar 2023 (X R 8/21) darüber zu entscheiden, ob Gewinne aus dem Online-Pokerspiel (hier „Texas Hold`em“) als Gewinne aus Glücksspiel nicht steuerbar sind oder der Einkommensteuer und Gewerbesteuer unterliegen.

Im Streitfall ging es um einen Mathematikstudenten, der noch bei seinen Eltern wohnte und an Online-Pokerspielen teilnahm. Nachdem er zwei Jahre zuvor mit dem Pokerspielen begonnen hatte, erzielte er im Streitjahr 2009 bereits einen Gewinn von über 82.000 Euro. Er begann eine Analysesoftware für das Verhalten der Mitspieler zu nutzen und erhöhte die Anzahl seiner Profile und Accounts. In den Jahren 2009 bis 2013 spielte er mehr als 784.000 Spiele und z.T. an bis zu vier Tischen gleichzeitig.

In den Folgejahren erzielte der Student Gewinne zwischen 400.000 Euro und 735.000 Euro, die er in seiner Einkommensteuererklärung angab. Gegen die erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuer-bescheide legte der Student Einspruch ein mit der Begründung, es handele sich bei den Gewinnen aus den Pokerspielen um nicht steuerbare Gewinne aus Glücksspiel.

Das Finanzamt und letztlich auch der BFH folgten dem nicht. Der BFH wandte damit seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 zu Turnierpokerspielen analog an (BFH Urteil vom 16.09.2015 – X R 43/12). Damals hatte der BFH entschieden, dass diese Tätigkeit zu gewerblichen Einkünften führen kann. Das Turnierpokerspiel sei nach einkommensteuerrechtlichen Maßstäben im Allgemeinen nicht als reines –und damit per se nicht steuerbares– Glücksspiel, sondern als Mischung aus Glücks- und Geschicklichkeitsspiel einzustufen.

Der BFH bestätigte diese Überlegungen in seinem aktuellen Urteil. Der Übergang vom Freizeitspiel zum berufsmäßigen Spiel sei fließend. Die erforderliche Abgrenzung zu privaten Tätigkeiten richtet sich bei Spielern – ebenso wie bei Sportlern – danach, ob der Steuerpflichtige mit seiner Betätigung private Spielbedürfnisse gleich einem Freizeit- oder Hobbyspieler befriedigt oder ob in der Gesamtschau strukturell-gewerbliche Aspekte entscheidend in den Vordergrund rücken.

Eine gewerbliche Betätigung liegt laut Gesetz dann vor, wenn diese nachhaltig mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus muss die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung überschritten sein.

Die Gewinnerzielungsabsicht war zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch die Nachhaltigkeit, d. h. die Wiederholungsabsicht, war nach Ansicht des BFH bei über 784.000 Spielen gegeben. Aufgrund der Anzahl der Spiele, der zeitlichen Intensität, der weiteren Vervielfältigung der Spielmöglichkeiten durch Erhöhung der Anzahl der Accounts und dem vermehrten Spielen an mehreren Tischen sah der BFH die Grenze vom Freizeitspieler zum berufsmäßigen Spiel und somit zur privaten Vermögensverwaltung überschritten.

Der Online-Pokerspieler erzielte mit seinen Gewinnen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die auch der Gewerbesteuer unterliegen. Als inländische Betriebsstätte käme laut BFH auch ein Kinderzimmer in Frage, wenn dies der Raum ist, in dem sich der Computer befindet, von dem aus der Spieler seine Tätigkeit ausübt und er über diesen Raum auch eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Sofern diese Betriebsstätte sich im Inland befindet, unterliegt die Tätigkeit der Gewerbesteuer.

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