Altersteilzeit vor der Rente
Nicht jeder kann oder will bis zum Rentenalter von 67 Jahren arbeiten. Mit dem Altersteilzeitgesetz hat der Gesetzgeber daher für ältere Beschäftigte die Möglichkeit geschaffen, vorzeitig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Die dabei zufließenden Altersteizeit-Aufstockungsbeträge sind grundsätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei. Doch dies ist an Bedingungen geknüpft, über die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24. Oktober 2024 (VI R 4/22) zu urteilen hatte.
Sonderzahlung nach Renteneintritt
Der Steuerpflichtige war bei einem Konzern angestellt und bis zum 31. Juli 2015 im Rahmen einer Altersteilzeit tätig. Er war in dieser Zeit zu 50 Prozent beschäftigt und erhielt in dieser Höhe ein Arbeitsentgelt sowie einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 40 Prozent des Brutto-Arbeitsentgelts. Der Aufstockungsbetrag wurde steuerfrei behandelt. Seit dem 1. August 2015 bezieht er Renten und Versorgungsbezüge.
Der Steuerpflichtige nahm an einem Arbeitgeberprogramm zur zusätzlichen Altersversorgung teil, das vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2016 angelegt war. Dabei handelte es sich um eine Zusage, die das Unternehmen allen Mitarbeitern einer bestimmten Vertragsstufe machte und deren Auszahlungsbetrag sich nach der Entwicklung des Aktienkurses des Arbeitgebers in dieser vierjährigen Periode bemaß. Auch auf diese Sonderzahlung zahlte der Arbeitgeber einen Altersteilzeit-Aufstockungsbetrag in Höhe von 40 Prozent. Der Arbeitgeber verbuchte die Erträge in voller Höhe als ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Eheleute den Aufstockungsbetrag zur Auszahlung aus dem Arbeitgeberprogramm als steuerfrei geltend, der nur dem Progressionsvorbehalt unterliege. Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern setzte den gesamten Auszahlungsbetrag (einschließlich des Aufstockungsbetrags) als ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn an. Das Finanzamt begründete dies damit, dass der Steuerpflichtige zum Zuflusszeitpunktbereits Versorgungsbezüge erhalten habe und somit nicht mehr zum begünstigten Personenkreis zählte.
Voraussetzungen für die Altersteilzeit
Die Altersteilzeit ist an verschiedene Voraussetzungen gebunden. Der Arbeitnehmer muss zu Beginn der Altersteilzeit das 55. Lebensjahr vollendet haben und innerhalb der davor liegenden fünf Jahre mindestens 1.080 Kalendertage in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben.
Die Arbeitszeit muss auf die Hälfte der bisherigen Arbeitszeit reduziert werden. Allerdings muss auch während der Altersteilzeit ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehen. Ein Minijob ist daher nicht ausreichend. Die halbierte Arbeitszeit kann in der Altersteilzeit sowohl als normales Teilzeitarbeitsverhältnis als auch in zwei gleich langen Zeitblöcken (Arbeitsphase und Freistellungsphase) erbracht werden. Daneben ist grundsätzlich auch jedes andere Modell einer Verteilung der halbierten Arbeitszeit denkbar.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeit um mindestens 20 Prozent aufzustocken, wobei die Aufstockung auch weitere Entgeltbestandteile umfassen kann. Die Aufstockungsleistung darf aber nicht dazu führen, dass der Beschäftigte mehr als 100 Prozent des bisherigen Nettoarbeitsentgelts erhält. Der Aufstockungsbetrag ist steuer- und sozialversicherungsbeitragsfrei, unterliegt jedoch dem steuerlichen Progressionsvorbehalt.
Das Altersteilzeitverhältnis muss so lange vereinbart sein, dass der Beschäftigte am Tag nach dem planmäßigen Ende des Altersteilzeitverhältnisses nahtlos eine geminderte oder ungeminderte gesetzliche Altersrente beziehen kann. Ein tatsächlicher Rentenbezug ist jedoch nicht erforderlich.
Aufstockungsbetrag bleibt steuerfrei
Das Finanzgericht und auch der BFH gaben dem Steuerpflichtigen Recht. Der Altersteilzeit-Aufstockungsbetrag bleibt steuerfrei und unterliegt lediglich dem Progressionsvorbehalt. Dies gilt auch, soweit er auf die Sonderzahlung entfällt.
Maßgeblich für die Frage, ob ein steuerbegünstigter Aufstockungsbetrag vorliegt, sind die zwischen den Arbeitsvertragsparteien im Altersteilzeit-Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen. Denn in der Altersteilzeitvereinbarung ist auch zu regeln, in welchem Umfang (dem Grunde und der Höhe nach) der Arbeitgeber zur Aufstockung des Arbeitsentgelts verpflichtet ist. Eine gesetzliche Pflicht zur Aufstockung für Entgeltbestandteile, die nicht regelmäßig anfallen, wie Einmalzahlungen, besteht nicht.
Aufstockungsbeträge sind uneingeschränkt und damit auch insoweit steuerbegünstigt, als der Arbeitgeber von Möglichkeit Gebrauch macht, neben dem Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit auch weitere Entgeltbestandteile aufzustocken.
Entsprechendes gilt, soweit die Aufstockungsbeträge über die im Altersteilzeitgesetz genannten Mindestbetrag von 20 Prozent hinausgehen, sofern sie nicht zusammen mit dem während der Altersteilzeit bezogenen Nettoarbeitslohn monatlich 100 Prozent des Nettoarbeitslohns, den der Arbeitnehmer ohne Altersteilzeit üblicherweise erhalten hätte, übersteigen.
Wofür – nicht wann – ist wichtig
Die Steuerfreiheit kommt allerdings mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Arbeitnehmer die Altersteilzeitarbeit beendet oder die für ihn geltende gesetzliche Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht hat, nicht mehr in Betracht.
Der Umstand, dass der Steuerpflichtige bei Auszahlung des streitigen Aufstockungsbetrags nicht mehr in Altersteilzeit, sondern bereits Rentner war, steht der Steuerfreiheit dieser Zahlung jedoch nicht entgegen. Anders als das Finanzamt meint, müssen die Voraussetzungen nicht bei Zufluss vorliegen.
Ob (steuerpflichtiger) Arbeitslohn vorliegt, richtet sich vielmehr nach den Verhältnissen des Zeitraums, für den das Entgelt gezahlt wird. Entsprechendes gilt für die Frage, ob der Aufstockungsbetrag steuerfrei ist. Auch dies richtet sich nach dem Zeitraum, für den er geleistet wird und damit nach dem Zeitraum, für den der Arbeitgeber den „aufgestockten“ Arbeitslohn gezahlt hat. Vorliegend hat der Steuerpflichtige den Zuschlag im Rahmen seines Altersteilzeitdienstverhältnisses für die Altersteilzeitarbeit erhalten. Dass die Höhe der Zusage und damit auch des Aufstockungsbetrags erst nach Eintritt in den Ruhestand betragsmäßig ermittelt und ausgezahlt werden konnte, ist deshalb unbeachtlich.