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„Wir brauchen in der Branche ein neues, digitales Mindset“ – Interviewreihe mit ETL ADHOGA-Leiter Erich Nagl, Teil 2

„Wir brauchen in der Branche ein neues, digitales Mindset“ – Interviewreihe mit ETL ADHOGA-Leiter Erich Nagl, Teil 2
Aktuelles
16.05.2022 — Lesezeit: 6 Minuten

„Wir brauchen in der Branche ein neues, digitales Mindset“ – Interviewreihe mit ETL ADHOGA-Leiter Erich Nagl, Teil 2

Kaum fallen die meisten Corona-Einschränkungen weg, entfalten andere Herausforderungen ihre volle Wirkung. Steigende Preise, die Anfälligkeit globaler Lieferketten sowie der anhaltende Fachkräftemangel fordern das Gastgewerbe heraus. Und dann ist da noch die Corona-Schlussabrechnung, durch die dem einen oder anderen Gastronomen empfindliche Rückzahlungen droht. In einer exklusiven zweiteiligen Interviewreihe zum Status Quo der Branche warnt ETL ADHOGA-Leiter Erich Nagl: „Die Corona-Jahre waren nur eine Aufwärmübung.“ Um die vielfältigen Herausforderungen erfolgreich zu bestehen brauche es neue Strategien unter besonderer Berücksichtigung digitaler Lösungen. Im ersten Teil des Interviews sprachen wir mit ihm über die Stimmung im Gastgewerbe, Probleme beim Personal und der Beschaffung sowie die Anfälligkeit globaler Lieferketten. Im zweiten Teil skizziert Erich Nagl mögliche Digitalstrategien für den erfolgreichen Gastronomen der Zukunft.

Du sprichst mit Ausblick auf das zweite Halbjahr von erforderlichen neuen Strategien unter besonderer Einbeziehung digitaler Lösungen für Gastronomen. Wie sähe eine solche Strategie denn konkret aus? Was verbirgt sich dahinter?
In der momentanen Lage, geprägt von Unsicherheiten und Krisen, gilt eine alte Erkenntnis möglicherweise mehr denn je: Der Gastronom muss nach außen, zum Gast hin, punkten mit Emotionen, und nach innen mit Effizienz. Gerade im letzteren Bereich steckt noch sehr viel unausgeschöpftes Potenzial. Beide Punkte, Emotionen und Effizienz, müssen sich die Waage halten. Wenn ich also meinen Gästen etwas zumute, muss ich mir und meinem Team auch etwas zumuten. D.h. wenn ich mit den Preisen nach oben gehe, muss ich in gleichem Maße die Aufenthaltsqualität in meiner Lokalität steigern. Das bedeutet nicht, dass ich jedes Mal, wenn ein neuer Mitarbeiter bei mir anfängt, jeden Standard-Handgriff neu erfinde. Aber ich muss meine inneren Prozesse optimieren – Stichwort Verfahrensdokumentation.

Zum Beispiel?
Zum Beispiel geht es aktuell nicht mehr, mit seinen Lieferanten Jahrespreise auszumachen. Ich kann als Gastronom also nicht mehr an dieser alten Denkweise festhalten. Ich muss mich ändern. Und dafür muss ich wissen, wo genau ich das tun kann. Das ist der Wert einer Verfahrensdokumentation. Die Dinge bewusst tun und sich klar darüber sein, wo und wie man es zu tun hat und was es bringt. Das ist mein Appell an die Gastronomie: Die Deckungsgleichheitsrechnung bei ihren Produkten – sowohl in den Produktkategorien, als auch in den Abläufen – festzuhalten.

Wie kann ich als Gastronom meine inneren Abläufe effizienter machen?
Ich muss mir bewusst darüber sein, was die zu vergebende Arbeit ist. Es muss klar sein, wer was zu welcher Zeit und Qualität zu tun hat. Das muss ich definieren. Hier setzt die Digitalisierung an! Wer seine Arbeitsabläufe nicht standardisiert und optimiert, wird es schwer haben, denn das ist das Modell für die Zukunft. Die Zeit, die ein Mitarbeiter im Betrieb ist, muss bestmöglich genutzt werden im Sinne des Unternehmens. Das fängt bei der Beschreibung der Schichten an und geht bis zur Abstimmung der Putzpläne. In der Unternehmensorganisation stecken sehr große Reserven. Ich kann und muss hier manuelle Arbeit reduzieren und Prozesse standardisieren, darum geht es. Wir von ETL ADHOGA plädieren hier ausdrücklich dafür, Verfahren im Back-Office zu standardisieren. Der Unternehmer gewinnt so Zeit und Prozesssicherheit.

Auch das ist eine Lehre aus der Pandemie, oder?
Aus der Not getrieben haben sich einige Lokale nun z.B. Roboter angeschafft, der an einem Wochenende rund 20 Kilometer durch den Laden fährt und mehrere hundert Kilo Geschirr von A nach B transportiert. Er entlastet die Kellner 24/7 und macht Arbeitsprozesse im Hintergrund effizienter. Und er schafft gleichzeitig die Emotionen, das Erlebnisgefühl, nach außen. So kommen Leute in deinen Laden, die sich das einmal anschauen wollen. Als Gastronom kann ich diesen positiven Effekt nach innen und außen jetzt noch nutzen. In Kürze allerdings schon nicht mehr, da ist das Momentum verpasst. Wir brauchen in der Branche ein neues Mindset und die Digitalisierung gibt uns dafür alle Möglichkeiten. Nach der Pandemie hat z.B. die fleckige, mit Eselsohren versehene gedruckte Wochenkarte ausgedient. Was die dem Gast über die Hygieneverhältnisse im Laden berichtet, kann man sich gar nicht schlimm genug ausmalen. Welche Chance bietet hingegen eine digitale Speisekarte, die darüber hinaus vielleicht noch mit dem Kassensystem verbunden ist.
Die Digitalisierung fordert den Gastronomen mal wieder als „Hans Dampf in allen Gassen“ heraus, um die Dinge abseits seines Kerngeschäfts zu optimieren. Aber er muss sich damit auseinandersetzen, um auch in Zukunft ein guter Gastgeber sein zu können!

Kommen wir noch einmal auf die Corona-Schlussabrechnung zu sprechen. Da drohen jetzt einigen Gastronomen unangenehme Nachzahlungen oder?
Bis zum 15. Juni haben Betroffene noch Zeit, die Überbrückungshilfe IV final zu beantragen. Es gibt allerdings einige Indikatoren dafür, dass bei den Corona-Hilfsanträgen in der Vergangenheit nicht alles so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen. Viele Antragsteller wogen sich in falscher Sicherheit – doch ein ausgezahlter Antrag heißt nicht, dass der final genehmigt ist. Die Auszahlung von Hilfsgeldern heißt für sich genommen erst einmal gar nichts. Der Staat – die Gesellschaft – wollte helfen. Das haben sie getan. Die ganze Auszahlung erfolgte aber unter bestimmten Prämissen. Die nun erfolgende Schlussabrechnung gibt es, um den Unternehmer vor versehentlichen Subventionsbetrug zu bewahren. Und da wird der eine oder andere jetzt stutzen und denken: Das hatte ich mir anders vorgestellt. Damals war Krise, nun holt uns die Normalität wieder ein Stück weit ein. Das ist auch gut so und zeigt untern Strich, dass die Rechtstaatlichkeit funktioniert. Natürlich ist es bitter für denjenigen, der jetzt von Rückzahlungsforderungen überrascht wird – ich würde es allerdings auch ungerecht finden, wenn jeder, der zu Unrecht einen Antrag gestellt hat, jetzt das Geld behalten dürfte.

Was würdest du der Branche abschließend mit auf den Weg geben?
Es gibt Jahre, die werfen Fragen auf, und es gibt Jahre, die geben Antworten. Zwei Jahre der aufgeworfenen Fragen liegen hinter uns, nun gilt es als Gastronom, die richtigen Antworten auf die sich verschränkenden Krisen und Anforderungen zu geben. Wir von ETL ADHOGA als enger Partner an der Seite der Branche werden dabei Orientierungshilfe geben, um auf den jeweiligen Erfolgspfad zu gelangen und Kurs zu halten in stürmischen Zeiten.

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