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Steuerfortentwicklungsgesetz 2024 im Entwurf veröffentlicht

Höherer Grundfreibetrag, geänderte Abschreibungsregelungen, mehr Kindergeld und Änderungen am Steuertarif geplant
Steuerfortentwicklungsgesetz 2024 im Entwurf veröffentlicht
Aktuelles
20.08.2024

Steuerfortentwicklungsgesetz 2024 im Entwurf veröffentlicht

Höherer Grundfreibetrag, geänderte Abschreibungsregelungen, mehr Kindergeld und Änderungen am Steuertarif geplant

Die Bundesregierung hat Gesetzentwürfe zur weiteren steuerlichen Entlastung der Bürger auf den Weg gebracht. Mit dem Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 soll rückwirkend der Tarif an die Inflation angepasst werden. Mit dem zweiten vorgelegten Entwurf, dem Steuerfortentwicklungsgesetz, werden die Entlastungen für 2025 und 2026 geplant. Neben der Anpassung des Grundfreibetrags, des Kindergelds und Kinderfreibetrags sollen mit dem Gesetz die Steuerklassen III und V abgeschafft und Änderungen am Steuertarif vorgenommen werden. Daneben plant die Regierung Änderungen an den Abschreibungsregelungen und eine Meldepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen. Welche dieser Vorhaben schlussendlich tatsächlich umgesetzt werden, bleibt abzuwarten.

Anhebung des Grundfreibetrags und Anpassung des Tarifs

Um das steuerliche Existenzminimum steuerfrei zu belassen, werden auch für die Jahre 2025 und 2026 der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag angehoben. Der Anpassungsbedarf ergibt sich aus den zu erwartenden Werten der Herbstprojektion, die Grundlage für den im Herbst zu erstellenden 15. Existenzminimumbericht und 6. Steuerprogressionsbericht ist.

Darauf aufbauend soll der Grundfreibetrag für das Jahr 2025 auf 12.084 Euro und für das Jahr 2026 auf 12.336 Euro steigen. Auch die weiteren Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die Veranlagungszeiträume 2025 und 2026 werden – mit Ausnahme der sog. „Reichensteuer“ – angepasst.

Auch beim Solidaritätszuschlag wird angepasst. Dieser soll ab dem Jahr 2025 erst ab einer Einkommensteuer von 19.950 Euro erhoben werden. Für Ehegatten gilt das Doppelte, d. h. erst ab 39.900 Euro fällt Solidaritätszuschlag an. Ab 2026 erfolgt die Erhebung erst ab einer Einkommensteuer von 20.350 Euro (40.700 Euro für Ehegatten).

Anhebung des Kinderfreibetrags

Auch Familien sollen weiter entlastet werden. So soll der Kinderfreibetrag für den Veranlagungszeitraum 2025 auf 3.336 Euro pro Elternteil steigen und ab dem Veranlagungszeitraum 2026 dann 3.414 Euro pro Elternteil betragen. Das Kindergeld soll ab Januar 2025 von 250 Euro auf 255 Euro monatlich je Kind angehoben werden. Ab Januar 2026 ist eine weitere Erhöhung auf 259 Euro monatlich geplant. Ab 2026 wird im Einkommensteuergesetz ebenfalls verankert, dass Kindergeld und Kinderfreibetrag in Zukunft immer zeitgleich steigen sollen.

Änderungen für Familien mit Kindern im EU-Ausland

Eine wichtige Änderung ergibt sich zukünftig für Familien, bei denen die Kinder nicht in Deutschland, sondern im EU-Ausland oder im EWR-Raum leben. Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wird die Kürzung der Kinderfreibeträge aufgrund des niedrigeren Lohn- oder Einkommensniveaus im Wohnsitzland (sogenannte Ländergruppeneinteilung) abgeschafft. Mit der vorliegenden Änderung wird erreicht, dass für Kinder mit Wohnsitz im EU/EWR-Raum die ungekürzten Freibeträge bei der Besteuerung der Eltern gewährt werden. Durch die Änderung wird künftig auch der sog. „Ausbildungsfreibetrag“ ungekürzt berücksichtigt, wenn das Kind seinen Wohnsitz in einem anderen EU/EWR-Staat hat.

Des Weiteren werden ebenfalls aufgrund der EuGH-Rechtsprechung die Regelungen zum Kindergeld angepasst. Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 1. August 2022 (C-411/20) entschieden, dass es nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist, wenn wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürgern in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland das Kindergeld versagt wird. Künftig ist der Kindergeldanspruch von Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates der EU, des EWR oder der Schweiz nicht mehr an die Erzielung inländischer Einkünfte, sondern nur noch an den rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland aufgrund der Freizügigkeitsberechtigung sowie der weiteren Voraussetzungen des Einkommensteuerrechts geknüpft.

Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren ab 2029

Wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, sollen die Steuerklassen III und V abgeschafft werden. Diese Steuerklassenkombination wird insbesondere von Ehepaaren gewählt, bei denen ein Ehepartner sehr viel und der andere Ehepartner sehr wenig verdient. Damit wurde in der Regel weniger Lohnsteuer gezahlt, als bei der Steuerklassenkombination IV/IV. Allerdings musste zwingend eine Einkommensteuerklärung abgegeben werden.

Die Steuerklasse IV soll wie bisher der Grundfall für den Lohnsteuerabzug bei unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten/ Lebenspartnern bleiben, die nicht dauernd getrennt leben. Das Faktorverfahren (Steuerklasse IV mit Faktor) wird als Wahlmöglichkeit für den Lohnsteuerabzug aufgenommen.

Zur Überführung der Steuerklassen III und V in die Steuerklasse IV mit Faktor bildet das Bundeszentralamt für Steuern zum 1. Oktober 2029 für Ehegatten, die zum 30. September 2029 in die Steuerklassen III und V eingereiht sind, einen Faktor als Lohnsteuerabzugsmerkmal anhand der Daten, die sich aus den für das Kalenderjahr 2028 übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen ergeben. Der Faktor wird zum 1. Januar 2030 zum Abruf für den Arbeitgeber als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal bereitgestellt. Die Steuerklassen III und V sind ab dem 1. Januar 2030 nicht mehr für den Lohnsteuerabzug anzuwenden.

Erhöhung der Grenzen für Sammelposten

Auch für Unternehmer hat der Gesetzgeber Erleichterungen geplant. So soll die Sammelposten-Grenze von bisher 250 Euro bis 1.000 Euro ab 2025 auf dann 800 Euro bis 5.000 Euro angehoben und die Poolabschreibungsdauer von 5 auf 3 Jahre verkürzt werden. Diese Regelung enthielt auch schon der erste Entwurf des im März 2024 beschlossenen Wachstumschancengesetzes. Sie wurde dann aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen.

Mit der Anhebung der unteren Betragsgrenze von 250 Euro auf 800 Euro des Sammelpostens würde für Steuerpflichtige dann auch die Möglichkeit bestehen, für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind und deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das einzelne Wirtschaftsgut 800 Euro nicht übersteigen, eine Sofortabschreibung vorzunehmen.

Fortführung der degressiven Abschreibung im Zeitraum 2025 bis 2028

Als konjunkturstützende Maßnahme soll das Wahlrecht zur degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auf die Jahre 2025 bis 2028 ausgedehnt werden. Bisher gilt sie nur für Anschaffungen bis zum 31. Dezember 2024. Der Abschreibungssatz soll zudem wieder auf das Zweieinhalbfache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes, höchstens 25 Prozent, angehoben werden. (aktuell das Zweifache, maximal 20 Prozent).

Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen

Der Gesetzgeber nimmt ebenfalls einen neuen Anlauf, die bereits im Wachstumschancengesetz vorgesehene Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen, zu verabschieden. Die geplanten Regelungen orientieren sich eng an den gesetzlichen Bestimmungen zur Mitteilungspflicht über grenzüberschreitende Steuergestaltungen.

Nach Ablauf von sechs Jahren nach dem erstmaligen Anwendungszeitpunkt der neuen Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen soll evaluiert werden, ob durch die Mitteilungspflicht zu mehr Steuergerechtigkeit beigetragen werden konnte. Vereinfacht gesagt, es soll geprüft werden, ob durch die Mitteilungspflicht unerwünschte Lücken in den Steuergesetzen geschlossen werden konnten.

Hinweis: Wie in den vergangenen Jahren plant die Bundesregierung eine Vielzahl von Regelungen, Konjunkturanreizen und Entlastungen für alle Steuerpflichtigen. Und wie auch in der Vergangenheit bleibt abzuwarten, welche Gesetzesänderungen schließlich von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.  

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