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Sozialversicherungspflicht immer vom Einzelfall abhängig

Bundessozialgericht urteilt zu Lehrern und Dozenten
Sozialversicherungspflicht immer vom Einzelfall abhängig
Aktuelles
21.11.2024 — Lesezeit: 3 Minuten

Sozialversicherungspflicht immer vom Einzelfall abhängig

Bundessozialgericht urteilt zu Lehrern und Dozenten

Die Versicherungspflicht von freien Mitarbeitern oder Honorarkräften ist immer wieder Thema von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Kein Wunder, denn eine allgemeingültige Antwort auf die Frage, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, gibt es nicht. Das hat auch das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 5. November 2024 erneut bestätigt (Aktenzeichen B 12 BA 3/23 R). Ob Lehrer und Dozenten sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, sei von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Es gebe keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbständig anzusehen wäre.

Sozialversicherungspflicht für Dozent an Volkshochschule

Die klagende Volkshochschule (VHS) bot unter anderem Kurse zur Vorbereitung auf die Erlangung eines Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg an. Nach den Vertragsbedingungen war ein Weisungsrecht der VHS gegenüber dem Dozenten ausgeschlossen. Die VHS stellte die Unterrichtsräume zur Verfügung und stimmte die Unterrichtseinheiten zeitlich mit dem Dozenten und den anderen Dozenten ab. Den Unterricht gestaltete der Dozent selbständig. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung fest. Das Sozialgericht und das Landessozialgericht urteilten jedoch, dass im Streitzeitraum aufgrund damaliger höchstrichterlicher Rechtsprechung lehrende Tätigkeiten grundsätzlich als selbständige Tätigkeiten zu beurteilen gewesen seien.

Bundessozialgericht widerspricht Vorinstanzen

Dieser Einschätzung hat das Bundessozialgericht widersprochen und das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben. Nach den maßgeblichen Verhältnissen des Einzelfalls war der Dozent in den Jahren 2017 und 2018 versicherungspflichtig beschäftigt. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit wird nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorgenommen. Insbesondere die einen unternehmerischen Spielraum kennzeichnenden Merkmale lassen sich grundsätzlich nicht unabhängig vom Einzelfall festschreiben. Nach Einschätzung des BSG hatte sich die von fremdbestimmten Abläufen geprägte Lehrtätigkeit in ein von der Volkshochschule verantwortetes Konzept zur Erlangung des Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg ohne wesentliche unternehmerische Freiheiten eingefügt.

Hinsichtlich der späteren Zeiträume hat das Bundessozialgericht den Fall zur Durchführung weiterer Ermittlungen an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Auch selbständige Lehrer und Dozenten sind sozialversicherungspflichtig

Grundsätzlich führt eine selbständige Tätigkeit dazu, dass keine Sozialversicherungspflicht besteht. Doch davon gibt es gesetzliche Ausnahmen. So sind beispielsweise selbständig tätige Hebammen, Pflegepersonen oder eben auch Lehrer und Dozenten, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, in der Rentenversicherung sozialversicherungspflichtig. Doch während selbständige Lehrer, die der Rentenversicherungspflicht unterliegen, ihre Beiträge selbst tragen müssen, werden die Beiträge im Fall der Beschäftigung von den Versicherten und den Arbeitgebern grundsätzlich jeweils zur Hälfte getragen. Die Qualifizierung als selbständige Tätigkeit oder Beschäftigung macht daher einen großen Unterschied im eigenen Portemonnaie.

Statusfeststellung schützt vor Überraschungen

Alle Unternehmen, die freie Mitarbeiter oder Honorarkräfte beschäftigen, sollten sich mit dem Thema Statusfeststellung beschäftigen. Denn so kann, sogar im Vorfeld einer Beauftragung, der sozialversicherungsrechtliche Status geklärt werden und es kommt zu keinen Überraschungen im Rahmen von Betriebsprüfungen. Ansonsten kann es teuer werden, denn die im Zweifel vom Auftraggeber nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge können von einem Auftragnehmer, der als sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer eingestuft wurde, maximal für die letzten drei Monate zurückgefordert werden. Das bedeutet: Der Auftraggeber muss die Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wirtschaftlich tragen.

Bei Fragen können Sie sich gern an die Statusprüfstelle der ETL Rechtsanwälte wenden.

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