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Kinder im paritätischen Wechselmodell

BFH urteilt zu steuerlichen Entlastungen bei getrenntlebenden Eltern
Kinder im paritätischen Wechselmodell
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11.11.2024 — zuletzt aktualisiert: 12.11.2024

Kinder im paritätischen Wechselmodell

BFH urteilt zu steuerlichen Entlastungen bei getrenntlebenden Eltern

Eine Trennung der Eltern ist für Kinder in vielen Fällen belastend. Zwar entscheidet sich die Mehrzahl der Eltern nach der Trennung für ein Residenzmodell mit Kontakt, einige Eltern leben aber das paritätische Wechselmodell, bei dem das Kind wechselnd bei jeweils einem Elternteil lebt. Doch nicht nur organisatorische Fragen hängen am Wechselmodell. Auch steuerlich gibt es hier einige Herausforderungen, denn Kinderbetreuungskosten, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und der Kinderfreibetrag müssen steuerlich korrekt bei beiden Eltern abgebildet werden. Dass dies nicht immer einfach ist, zeigt das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 10. Juli 2024 (III R 1/22).

Aufteilung der Kosten beim Wechselmodell

Der Steuerpflichtige und seine Frau trennten sich im September des Streitjahres. Seit dem Auszug der Mutter wird das sogenannte Wechselmodell praktiziert, wonach der gemeinsame und bei beiden Elternteilen gemeldete Sohn wechselseitig eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Steuerpflichtigen lebt. Nachweislich sind für den Sohn Kinderbetreuungskosten in Form von Kindergarten- und Hortgebühren gezahlt worden. Die vorgelegten Rechnungen bzw. der Gebührenbescheid lauteten auf beide Eltern. Die Überweisung der Kosten erfolgte allein vom Konto der Mutter.

Der Vater beantragte in seiner Einkommensteuererklärung den Ansatz der hälftigen Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben, den Ansatz des hälftigen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und die hälftigen Kinderfreibeträge. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten diese Anträge ab. Und auch der BFH folgte vollumfänglich der Ansicht der Finanzrichter.

Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben

Kinderbetreuungskosten können in Höhe von zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind als Sonderausgaben angesetzt werden. Geplant ist ab 2025 eine Anhebung auf 80 Prozent der Aufwendungen, maximal 4.800 Euro. Voraussetzung für den Abzug ist, dass das Kind zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört und das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Weitere Voraussetzungen für den Abzug sind, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist.

Richten sich Rechnungen / Gebührenbescheide über Betreuungsleistungen für ein Kind, das zu zwei getrennten Haushalten der Elternteile gehört, an beide Elternteile, ist Vorsicht geboten, wenn die vollständige Zahlung der Rechnungen nur von einem Elternteil vorgenommen wird. In einem solchen Fall können bei dem anderen Elternteil nur nachgewiesene Erstattungen von Kinderbetreuungskosten an den wirtschaftlich belasteten Elternteil als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

Der BFH versagte im Urteilfall den Sonderausgabenabzug, da die Überweisung der Kinderbetreuungskosten ausschließlich vom Konto der Mutter erfolgte. Der Steuerpflichtige konnte nicht nachweisen, dass er der Mutter die hälftigen Kosten ersetzt hat. Der BFH folgte auch nicht der Argumentation des Steuerpflichtigen, dass der Ausgleich der Kosten durch die Überlassung des Kindergeldes erfolgt sei. Hier fehlte es dem BFH an einer dahingehenden Vereinbarung, dass die Mutter im Einvernehmen mit ihrem geschiedenen Ehepartner seine gegenüber den Betreuungseinrichtungen bestehenden Verbindlichkeiten unter Verwendung des Kindergeldes für ihn tilgen soll.

Freibetrag für Alleinerziehende – Eltern bestimmen

Auch den Freibetrag für Alleinerziehende gewährte der BFH nicht. Alleinstehende Steuerpflichtige können einen Entlastungsbetrag in Höhe von 4.260 Euro pro Kalenderjahr von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Für jedes weitere Kinder erhöht sich der Betrag um 240 Euro. Die Zugehörigkeit zum Haushalt ist anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des alleinstehenden Steuerpflichtigen gemeldet ist.

Bei annähernd gleicher Haushaltsaufnahme des Kindes durch beide Elternteile, wie im vorliegenden Falle des Wechselmodells, dürfen die Eltern festlegen, bei welchem Elternteil der Entlastungsbetrag berücksichtigt werden soll. Dies ist unabhängig davon, welchem Elternteil das Kindergeld ausgezahlt wird. Der Entlastungsbetrag kann für dasselbe Kind für denselben Monat nur einem Berechtigten gewährt werden, auch wenn mehrere Berechtigte die Voraussetzungen für seine Gewährung erfüllen. Eine Aufteilung ist vom Gesetz nicht vorgesehen. Treffen die Eltern keine Auswahl, erhält der Elternteil den Entlastungsbetrag, dem auch das Kindergeld ausgezahlt wird.

Dass eine annähernd gleichwertige Haushaltsaufnahme durch beide Elternteile nicht zu einer Aufteilung des Entlastungsbetrags führt, ist nach Ansicht des BFH durch gesetzliche Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse gerechtfertigt und auch nicht als verfassungswidrig anzusehen. Der Steuerpflichtige und die Mutter haben nicht vereinbart, dass der Vater den Entlastungsbetrag erhalten soll. Im Streitfall steht daher der Entlastungsbetrag der vorrangig kindergeldberechtigten Mutter zu.

Günstigerprüfung beim Kinderfreibetrag auch ohne Kindergeldbezug

Der BFH versagte zu guter Letzt auch noch den steuerlichen Abzug des Kinderfreibetrages beim Steuerpflichtigen. Die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Kinderfreibeträge oder durch Kindergeld bewirkt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung kommt es daher zu einer Günstigerprüfung. Verglichen wird, was die größere steuerliche Auswirkung hat – der Abzug der Kinderfreibeträge oder das erhaltene Kindergeld.

Im Streitfall wurde beim Steuerpflichtigen daher der hälftige Kinderfreibetrag mit dem hälftigen Kindergeld verglichen. Ein Abzug des Kinderfreibetrages in der Einkommensteuererklärung erfolgte nicht, da der hälftige Anspruch auf Kindergeld günstiger war. Dem widersprach der Steuerpflichtige, denn das Kindergeld hatte ausschließlich die Mutter ausgezahlt bekommen.

Der BFH folgte aber auch hier der Entscheidung des Finanzgerichts. Die gesetzlich vorgesehene Berechnungsmethode verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Da bei der Günstigerprüfung stets der Anspruch auf Kindergeld geprüft werde, sei es für das Ergebnis der Günstigerprüfung unerheblich, ob tatsächlich Kindergeld gezahlt worden sei. Der vom Gesetzgeber verfolgte Vereinfachungszweck ist insbesondere im Hinblick auf Fälle, in denen die Eltern des Kindes getrennt leben, legitim, weil dadurch das Besteuerungsverfahren von der häufig umstrittenen Frage, welchem Elternteil das Kindergeld zustehen soll, und von weiteren Unterhaltsstreitigkeiten entlastet wird.

Praktische Lebenshilfe vom BFH

Für den klagenden Elternteil war die Entscheidung des BFH zwar ernüchternd. Dieser gibt in seinem Urteil aber auch Tipps, wie getrenntlebende Eltern das Wechselmodell steuerlich so gestalten können, dass jeder Elternteil einen Teil der Entlastung erhält.

Tipp1: Die Bezahlung der hälftigen Kinderbetreuungskosten lässt sich unproblematisch z. B. durch die Einrichtung entsprechender Daueraufträge an den anderen Elternteil oder die Betreuungseinrichtung gewährleisten. Damit wäre für den BFH der Nachweis einer wirtschaftlichen Belastung erbracht. Alternativ empfiehlt der BFH schriftliche Vereinbarungen zur Aufrechnung von Kindergeld und Betreuungskosten zwischen den Eltern.

Tipp 2: Der nachrangig kindergeldberechtigte Elternteil sollte beispielsweise seine Zustimmung zur Auszahlung des Kindergeldes an den anderen Elternteil nur dann erteilen, wenn dieser sich verpflichtet, das Kindergeld zur Hälfte an ihn zurückzuzahlen oder alternativ zustimmt, dass dieser stattdessen den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhält.

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