Jedes Jahr aufs Neue
Nicht immer sind Finanzamt und Steuerpflichtige einer Meinung, was die Würdigung steuerlicher Sachverhalte anbelangt. Darunter kann auch die Frage fallen, welcher Einkunftsart bestimmte Einnahmen zuzuordnen sind. Da es einkunftsartenbezogene Freibeträge gibt und sich auch die Verrechenbarkeit von Verlusten unterscheiden kann, ist es nicht unerheblich, welcher Einkunftsart einzelne Einnahmen zuzurechnen sind. Das kann durchaus zu einer höheren oder niedrigeren Steuerbelastung führen. Ob Steuerpflichtige allerdings dagegen auch dann Einspruch einlegen können, wenn die Umqualifikation keine steuerlichen Auswirkungen im aktuellen Jahr hat, musste der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Beschluss vom 4. September 2023 (VI B 21/23) im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entscheiden.
Das Finanzamt hatte die Einnahmen aus der Verpachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugeordnet und nicht solchen aus Vermietung und Verpachtung. Im Streitjahr ergaben sich für die Steuerpflichtige daraus keine Konsequenzen in Form einer höheren oder niedrigeren Einkommensteuer. Trotzdem legte die Steuerpflichtige Einspruch ein und beantragte eine Änderung der Bescheide, welche vom Finanzamt jedoch mangels Beschwer abgelehnt wurde. Auch das Finanzgericht lehnte eine Änderung ab und ließ die Revision zum BFH nicht zu. Dagegen legte die Steuerpflichtige Nichtzulassungsbeschwerde ein. Diese wurde vom BFH jedoch verworfen.
Der BFH führte aus, dass die Steuerpflichtige sich aus der Änderung der Bescheide keine Steuervorteile oder die Verhinderung von Steuernachteilen in anderen Veranlagungszeiträumen versprechen könne. Denn die Frage, ob die Steuerpflichtige mit der Verpachtung ihrer landwirtschaftlich genutzten Flächen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder solche aus Vermietung und Verpachtung erzielt, ist nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung bei der Einkommensteuer für jeden Veranlagungszeitraum neu zu entscheiden. Die Einkünftequalifikation in den angefochtenen Änderungsbescheiden entfaltet für die Folgejahre keinerlei Bindungswirkung. Ordnet das Finanzamt also ein Wirtschaftsgut, das der Steuerpflichtige als Privatvermögen ansieht, dem (land- und forstwirtschaftlichen) Betriebsvermögen zu, folgt hieraus bei der Einkommensteuerfestsetzung nur dann eine Beschwer, wenn sich dadurch für den jeweiligen Veranlagungszeitraum die Höhe der Steuer ändert.
Hinweis: Anders kann der Fall liegen, wenn es sich um Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer handelt, die sich in späteren Veranlagungszeiträumen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirken könnten. Auch bei einer (antragsgebundenen) Steuervergünstigung, die dem Steuerpflichtigen nur einmal gewährt werden kann, wäre eine Beschwer trotz mangelnder oder ungünstigerer Auswirkung im aktuellen Veranlagungszeitraum grundsätzlich gegeben und ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid möglich. Derartige Konstellationen waren jedoch im aktuellen Streitfall nicht gegeben.