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Zukunftsfähigkeit und Strategie von Franchisesystemen

Ein Beitrag von ETL Vorstand Marc Müller und ETL Steuerberater Dr. Jürgen Karsten
Zukunftsfähigkeit und Strategie von Franchisesystemen
Aktuelles
20.12.2022

Zukunftsfähigkeit und Strategie von Franchisesystemen

Ein Beitrag von ETL Vorstand Marc Müller und ETL Steuerberater Dr. Jürgen Karsten

Unternehmer und Unternehmen kämpfen aktuell mit Störungen der Lieferketten, Rohstoffverknappung, Inflation, Pandemie, der Entwicklung in China, dem Krieg in Europa und mit der Klimakrise. In manchen Branchen kommen Fachkräftemangel und die Auswirkungen der Digitalisierung hinzu und immer öfter führen neue technologische Entwicklungen und Innovationen zur Zerstörung ganzer Geschäftsmodelle. Man spricht dann gerne von Disruption.  

Diese Veränderungen und Krisen treffen grundsätzlich alle Unternehmen. Für Franchisesysteme besteht die besondere Bedeutung darin, dass für die Bewältigung dieser Krisen und Veränderungen vor allem der Franchisegeber die entsprechenden Maßnahmen vorsehen muss. Denn der Franchisegeber verspricht letztlich den Franchisenehmern ein funktionierendes Geschäftsmodell, dies schließt natürlich die Zukunftsfähigkeit des Modells zwingend mit ein.

Zukunftsfähigkeit von Franchisesystemen bedeutet, Krisen und disruptive Entwicklungen zu überstehen und verlangt nach resilienten, d.h. widerstandsfähigen Strategien. Natürlich fällt es schwer, sich mit Strategien zu befassen, wenn die notwendigen Rohstoffe krisenbedingt nicht mehr verfügbar sind, denn dann geht es um das Überleben des Systems. Deshalb müssen Strategien für die Zukunftsfähigkeit bereits dann entwickelt werden, wenn es dem Franchisesystem wirtschaftlich noch gut geht. Die Entwicklung von entsprechenden Strategien ist eine Daueraufgabe, denn es ist sicher, dass die nächste Krise kommt. Aber ebenso sicher ist, dass es danach wirtschaftlich weiter gehen wird, allerdings in anderen Strukturen und mit anderen Mitteln. Eine Krise ist stets auch ein Innovator, sodass es danach kein „weiter so“ und kein Zurück in die Vergangenheit geben kann.

Eine Strategie für die Zukunftsfähigkeit und Resilienz eines Franchisesystems sollte sich an folgenden Punkten orientieren:

 

  1. Aufbau Zukunftsradar

Ein Zukunftsradar ist ein Instrument, um relevante Entwicklungen im Franchisesystem, in der Branche und in der Gesellschaft zu identifizieren. Dazu ist zunächst festzulegen, welche Bereiche und Trends für das System relevant sind und wie diese Veränderungen dann gemessen werden, z.B. anhand von Kennzahlen und Kenngrößen.

So sollten etwa die demografische Entwicklung (Altersaufbau, relevante Kundengruppen, Kaufkraftentwicklung, Arbeitslosenquote, Geburten etc.), Innovationen in der Branche, Veränderungen der Kundenwünsche sowie Trends und Entwicklungen in der Gesellschaft (z.B. Nachhaltigkeit, Diversität) beobachtet und analysiert werden.

Dazu empfiehlt sich der Aufbau einer Gruppe von Personen, die aus dem System (Franchisegeber, Franchisenehmer, Aufsichtsrat oder Beirat, Mitarbeiter) und aus dem externen Umfeld des Systems (Lieferanten, Kunden, externe Experten) stammen.

 

  1. Prüfung und Entwicklung des Geschäftsmodells

Die Prüfung und Hinterfragung des eigenen Geschäftsmodells ist eine Daueraufgabe des Systemgebers. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass jedes Produkt und jede Dienstleistung einen zeitlich begrenzten Lebenszyklus hat, d.h. nach einer Einführungsphase kommt Wachstum, dann Sättigung und dann Abschwung, Dies bedeutet, dass rechtzeitig ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung entwickelt werden muss. Stetige Erneuerung ist hier die einzige Konstante. Veränderungen am Markt oder im Kundenverhalten verstärken diesen Druck zur Veränderung massiv.

Eine wesentliche Veränderung im Kundenverhalten wird durch das Thema „Nachhaltigkeit“ verursacht. Nachhaltigkeit spielt für immer mehr Kunden eine wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung, sodass ein zukunftsfähiges System darauf reagieren muss, sei es aus eigener Einsicht, sei es aufgrund äußeren Drucks durch die Kunden. Dabei ist darauf zu achten, dass Konzepte der Nachhaltigkeit immer authentisch sind und ein „so tun als ob“ d.h. ein „Greenwashing“ unbedingt vermieden wird.

Nachhaltigkeit umfasst die ökologische, die ökonomische und die soziale Dimension des Franchisesystems. In der sozialen Dimension spielen vor allem die Themen Diversität und Werte des Systems (z.B. Umgang mit Mitarbeitern und Kunden) eine zentrale Rolle. Diese Aspekte sollten dann in der richtigen Kommunikation zum Ausdruck gebracht werden, etwa indem statt der üblichen, oft technisch orientierten USP (Unique Selling Points), die neuen ESP (Emotional Selling Points) mit sozialer Orientierung kommuniziert werden. Diese verstärken die Kundenbindung, steigern den Wert der Marke und tragen so zur Zukunftsfähigkeit unmittelbar bei. Kundenbindung und Bekanntheitsgrad schaffen Resilienz.

Eine weitere Möglichkeit zur Entwicklung des Geschäftsmodells besteht z.B. in der Diversifizierung der eigenen Produkte und Dienstleistungen. Dafür in Frage kommen vor allem komplementäre Produkte und Dienstleistungen, wie z.B. im Falle des Automobilclubs, der mit seiner Organisationsstruktur jetzt neben der Kfz-Pannenhilfe, eine Pannenhilfe für Fahrräder anbietet. Diese Strategie ist eine Blaupause für die meisten Franchisesysteme, indem eine vorhandene Organisation und Vertriebsstruktur komplementär genutzt werden.

Eine zukunftsfähige Positionierung des Systems kann auch durch eine verstärkte Kooperation mit anderen komplementären Systemen erreicht werden, sogenanntes Cross-Franchising. Dazu bieten sich die Modelle der Plattform-Ökonomie an. Hier bieten mehrere Systeme gemeinsam Produkte und Dienstleistungen an, die idealerweise ineinandergreifen und das eigene Spektrum an Dienstleistungen oder Produkten ergänzen (z.B. Dienstleistung plus Service plus Finanzierung oder handwerkliche Dienstleistung plus Reinigung). Ein ganz simples Beispiel einer Plattform-Lösung ist der Frühstücksservice: Bäcker, plus Lebensmittelhändler (Marmelade, Käse, Wurst) plus Zeitungsverlag plus Lieferdienst. Durch den gemeinsamen Auftritt auf einer Plattform wird zudem die Kundenansprache vervielfacht. Die Modelle der Plattform-Ökonomie gehören aktuell zu den erfolgreichsten und wertvollsten Unternehmensmodellen.

Eine ganz naheliegende und fast schon banale Maßnahme der Zukunftsfähigkeit ist natürlich die Prüfung der Lieferkette. Hier darf nie ein Lieferant dominierend sein. Ein Kaufmann bzw. ein Systemgeber muss immer in Alternativen denken. Auch die Schaffung einer Liquiditätsreserve gehört zu den selbstverständlichen Maßnahmen der Krisenvorsorge, dazu gehören auch entsprechende Kreditlinien. Gerade die Verhandlungen mit Geldgebern führt man am besten in wirtschaftlich guten Zeiten.

Alle diese Maßnahmen der Krisenvorsorge und der Entwicklung der Zukunftsfähigkeit kosten selbstverständlich Geld. Aber es kostet weniger als den möglichen Verlust der Existenz in einer Krise. Schließlich haben Sie vermutlich auch eine Versicherung gegen Brandschäden und gehen trotzdem davon aus, dass es nie brennen wird!

 

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