Wie das E-Rezept den Apothekenmarkt verändert
Möglichkeiten verändern sich und damit auch die Bedürfnisse der Bevölkerung. Das Bewusstsein für Serviceorientierung wächst und dadurch der Wunsch nach zeitsparenden, digitalen Lösungen für immer mehr Lebensbereiche – auch für den Lebensbereich Gesundheit.
Die Einführung der elektronischen Verordnungen bedeutet erhebliche Veränderungen für Krankenkassen, Apotheken, Mediziner und Patienten. Die Erwartungen sind hoch, dass die damit verbundenen Prozesse vereinfacht werden und mehr Transparenz geschaffen wird.
Der 1. September 2022 hätte ursprünglich ein wichtiger Termin für die E-Rezept-Einführung werden sollen. Doch die Realität sieht leider anders aus. Obwohl die meisten Apotheken „E-Rezept-ready“ sind, den Testbetrieb genutzt und ihr Personal geschult haben, kommt die Einführung nur schleppend voran. Insbesondere bei den Einlösewegen und der Registrierung im neuen Verordnungssystem gibt es Probleme mit dem Datenschutz. Sowohl die Testregion Schleswig-Holstein als auch Westfalen-Lippe brachen das Projekt E-Rezept aufgrund datenschutzrechtlicher und administrativer Schwierigkeiten vorzeitig ab. Der Königsweg ist bisher noch nicht gefunden.
Kaum informiert und dennoch positiv blicken Patientinnen und Patienten in Deutschland auf die Einführung des E-Rezepts. Fast die Hälfte der Befragten befürwortet die Digitalisierung der Verordnungen, gleichzeitig sind 28,3 Prozent noch unentschlossen, wie sie das elektronische Rezept einschätzen. Zu diesem Ergebnis kommt ETL ADVISION, Deutschlands größte Steuerberatungsgruppe im Gesundheitswesen, aufgrund der Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des renommierten Markt- und Meinungsforschungsinstituts Civey. Die Auswertung der Umfrageergebnisse ist dem heute veröffentlichten ETL ADVISION-Meinungsbarometer „Wie das E-Rezept den Apothekenmarkt verändert“ zu entnehmen. Aus den Umfrageergebnissen ist eine Offenheit für das E-Rezept, aber auch eine Treue zur Stammapotheke deutlich erkennbar. Für die Vor-Ort-Apotheken können es beruhigende Ergebnisse sein, die dennoch eine Notwendigkeit zur Anpassung an digitale Prozesse verdeutlichen. Unter Berücksichtigung der digitalen Trends der Gesellschaft deckt das Meinungsbarometer die Kundenwünsche und -bedürfnisse auf, die Pharmazeuten für die Zukunftsausrichtung ihrer Apotheke nutzen können.
Auffällig ist die positive Grundeinstellung der überwiegenden Bevölkerung trotz mangelhaft eingeschätzter Informationspolitik. Denn im gesamten Bundesgebiet geben 60,7 Prozent der Befragten Personen an, sich eher schlecht oder sehr schlecht über das E-Rezept informiert zu fühlen. Das größte Defizit klafft in der Altersgruppe der 30 bis 39-Jährigen. 81,4 Prozent bemängeln die aus ihrer Sicht unzureichende Informationspolitik.
Anhand der detaillierten geografischen und demografischen Auswertung rund um die Einführung und Nutzung des E-Rezepts lassen sich wichtige Einblicke in bevorstehende Herausforderungen für Apotheken gewinnen. Gleichzeitig bietet die vollumfängliche Umsetzung des E-Rezepts bis in die eigene Apothekenverwaltung den Apotheken eine Chance, sich zukunftsweisend digital auszurichten und den Kunden dadurch eine Handlungsplattform zu bieten, die zu den sich verändernden Kundenwünschen passt. Kontaktlos bei einem gesundheitlichen Problem von einem Arzt betreut und zeitnah von einer Apotheke mit der passenden Arznei versorgt zu werden, sei es per Boten oder durch die schnelle und einfache Selbstabholung – das ist das Ziel.
Neben den positiven Aspekten der Einführung des E-Rezepts, wie Zeitersparnis, Prozessoptimierung und Kostensenkung, wird die Kundenbindung der entscheidende Faktor sein, durch den Vor-Ort-Apotheken die veränderten Prozesse zu ihrem Vorteil nutzen können. Die größte Herausforderung wird dabei sein, die Kundenbindung in die digitale Welt zu übertragen und das bestehende Vertrauen zwischen Kunde und Apotheke weiterzuführen sowie die Kundenansprache gezielt anzupassen.
Die überwiegende Mehrheit von 62 Prozent der Befragten gab in der Umfrage an, das E-Rezept bevorzugt durch ihre Stammapotheke bearbeiten lassen zu wollen, was zumindest Hoffnung bei den Apotheken auslösen kann. Fast jeder Vierte (23,3 Prozent) ist jedoch noch unentschlossen. Damit Vor-Ort-Apotheken im Gegensatz zum Versandhandel weiterhin attraktiv für Kunden bleiben, wünschen sich 64,8 Prozent der Befragten die Etablierung eines Lieferservices.
Eine weitere Zukunftschance für die Vor-Ort-Apotheken ergibt sich durch die pharmazeutischen Dienstleistungen. Mit mehr als einem Drittel können sich die Kunden das Angebot von Impfleistungen (39 Prozent) und eine erweiterte Medikationsberatung (37,1 Prozent) vorstellen. Das systematische Anbieten und Betreuen der neu eingeführten Dienstleistungen bietet eine großartige Chance, Kunden dauerhaft an die eigene Apotheke vor Ort zu binden. Es besteht also einiges an Handlungsmöglichkeiten für die Vor-Ort-Apotheke, um für Kunden attraktiv zu bleiben und die eigene Position gegenüber Mitbewerbern zu stärken.
Obwohl es noch immer viele Fragezeichen bei den Krankenkassen, den Apothekern und auch auf Kundenseite gibt, ist eines sicher: Langfristig wird sich das E-Rezept durchsetzen. Für Apothekeninhaber bedeutet das, sich rechtzeitig mit den rechtlichen Vorgaben zu beschäftigen, um mögliche Risiken zu erkennen, Arbeitsabläufe in der Apotheke und die Kundenansprache gezielt anzupassen, sich zukunftsfähig auszurichten und Konkurrenzfähigkeit zu anderen Anbietern zu gewährleisten. Das ETL ADVISION-Meinungsbarometer versteht sich hierbei als Aufforderung zum Umdenken und Handeln.
Ob das E-Rezept in diesem Jahr eingeführt werden kann, bleibt abzuwarten. Doch eine Gewissheit geht aus der Studie „Meinungsbarometer E-Rezept“ deutlich hervor: Die Apotheken sind „E-Rezept-ready“ und die Kunden sind es auch.