Versteuerung von Einnahmen aus wahlärztlichen Leistungen
Was passiert eigentlich, wenn die Einnahmen in der Steuererklärung unwissend doppelt erklärt werden und der Steuerpflichtige dies erst bemerkt, nachdem der Steuerbescheid bereits bestandskräftig und damit die Einspruchsfrist verstrichen ist? Diese Frage wurde kürzlich vom Bundesfinanzhof beantwortet.
Chefarzt sollte irrtümlich doppelt erklärte Einnahmen versteuern
Einem angestellten Chefarzt eines Krankenhauses wurde in seinem Dienstvertrag das Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen eingeräumt. Der Chefarzt erbrachte seine wahlärztlichen Leistungen sowohl gegenüber stationär untergebrachten Patienten als auch in ambulanten Sprechstunden. Er hatte damit sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als angestellter Chefarzt als auch Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit als Arzt mit seinen abgerechneten Privatliquidationen. Die Abrechnung erfolgte über ein privates Dienstleistungs-unternehmen. Die Rechnungsbeträge aus allen Privat-liquidationen wurden einem privaten Bankkonto des Chefarztes gutgeschrieben und komplett als Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Arztes berücksichtigt. Das Krankenhaus behandelte die Einnahmen aus den stationär erbrachten Wahlleistungen jedoch als Bezüge aus dem Dienstverhältnis und unterwarf diese dem Lohnsteuerabzug. In der Gehaltsmitteilung wurden sie ohne weitere Konkretisierung in der Zeile „Mitversteuerung“ ausgewiesen. Die Angaben aus der Lohnsteuerbescheinigung wurden in die Steuererklärung übernommen.
Damit erklärte der Chefarzt seine Einnahmen aus den stationär erbrachten Wahlleistungen irrtümlich sowohl bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit als auch bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Als er dies merkte, war der Steuerbescheid bereits rechtskräftig. Als er die Änderung des Bescheides beantragte, lehnten Finanzamt und Finanzgericht ab. Für sie lag ein grobes Verschulden des Arztes vor. Sie vertraten die Auffassung, dass ihm bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung hätte auffallen müssen, dass die stationären wahlärztlichen Leistungen seinem Dienstverhältnis zuzuordnen seien. Ihre Begründung: Die Erbringung und Vergütung dieser Leistungen wurde im Dienstvertrag geregelt.
Arzt traf kein grobes Verschulden
Die Bundesfinanzrichter folgten dem nicht. Ob wahlärztliche Leistungen innerhalb oder außerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden, kann nach ihrer Ansicht nur aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Dabei muss insbesondere geprüft werden, ob die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen zu den vertraglich geschuldeten Dienstaufgaben gehört, ob der Arzt nach dem Dienstvertrag den Weisungen des Krankenhausträgers unterliegt und auch hinsichtlich der Erbringung der wahlärztlichen Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden ist und inwieweit er Unternehmerinitiative entfaltet und Unternehmerrisiko trägt. Damit war vorliegend nicht ohne Weiteres klar, ob die Lohnbesteuerung richtig war. Solch ein Rechtsirrtum schließt aber in der Regel grobes Verschulden aus. Zudem gab es auch keinen Anlass, die Richtigkeit der Lohnsteuerbescheinigungen anzuzweifeln. Da kein grobes Verschulden vorlag, konnte der Steuerbescheid geändert und die niedrigere Steuer festgesetzt werden.
Tipp: Ärzte, die Einnahmen aus wahlärztlichen Leistungen erzielen, sollten genau prüfen, ob diese zu Einkünften aus nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit führen und ob sie bei der Lohnabrechnung ihrer Dienstbezüge berücksichtigt werden.