Startseite | Aktuelles | Negative Totalüberschussprognose bei Photovoltaikanlagen vor 2022

Negative Totalüberschussprognose bei Photovoltaikanlagen vor 2022

Finanzgericht urteilt auf Liebhaberei
Negative Totalüberschussprognose bei Photovoltaikanlagen vor 2022
Aktuelles
30.08.2024 — zuletzt aktualisiert: 09.09.2024 — Lesezeit: 4 Minuten

Negative Totalüberschussprognose bei Photovoltaikanlagen vor 2022

Finanzgericht urteilt auf Liebhaberei

Die steuerlichen Regelungen für Photovoltaikanlagen haben sich in den vergangenen Jahren mehrfach geändert. Seit dem Jahr 2022 bleiben kleine Photovoltaikanlagen in der Einkommensteuer steuerfrei. Das betrifft sowohl die laufenden Einkünfte aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage als auch einen eventuellen Gewinn aus deren Veräußerung. Dementsprechend werden Verluste jedoch auch nicht berücksichtigt. Das macht es für Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen in vielen Fällen steuerlich viel einfacher und es gibt kein Streitpotenzial mit dem Finanzamt.

Hinweis: Ab dem Jahr 2025 sollen die kwp-Grenzen für die Steuerfreiheit für Mehrfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien nochmals erhöht werden.

Doch vor der großen Rechtsänderung im Jahr 2022 war es ein häufiger Streitpunkt zwischen Steuerpflichtigen und Finanzamt, ob der Betrieb einer Photovoltaikanlage zur steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei zählt oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden. So auch im Fall des Finanzgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 13. November 2023, 10 K 646/22) zu einer im Jahr 2019 angeschafften Photovoltaikanlage (PV-Anlage).

Verluste aus IAB und Betrieb der PV-Anlage

Auf dem Dach seines Hauses installierte der Steuerpflichtige eine PV-Anlage, die in 2019 in Betrieb genommen wurde. Der erzeugte Strom wird zum großen Teil im gesamten Haus selbst verbraucht, zum Teil ins öffentliche Stromnetz eingespeist. In seiner Einkommensteuererklärung 2018 machte der Steuerpflichtige einen Verlust aus dem Betrieb der PV-Anlage durch Bildung eines Investitionsabzugsbetrags geltend. Auch in den Folgejahren ergaben sich aus der Gewinnermittlung Verluste. Das Finanzamt erkannte diese nicht an und beurteilte den Betrieb als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei. Dagegen klagte der Steuerpflichtige.

Gewinnerzielungsabsicht notwendig

Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung eines gewerblichen Verlustes erfordert eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird. Fehlt eine solche Gewinnerzielungsabsicht, liegt eine steuerlich unbeachtliche private Tätigkeit und damit ein sogenannter Liebhabereibetrieb vor.

Verlustanerkennung nur bei positiver Totalüberschussprognose

Das Finanzamt erstellte zur Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht eine Totalüberschussprognose auf und ging dabei von einer Gesamtnutzungsdauer der Anlage von 20 Jahren aus. Als Ergebnis ergab sich ein Totalverlust, der zur Aberkennung der steuerlichen Verluste des Steuerpflichtigen führte. Der Steuerpflichtige legte daraufhin eine selbst erstellte Berechnung vor, bei der er unter Berücksichtigung eines Restwertes der PV-Anlage einen Totalgewinn ermittelte.

Die Beteiligten stritten über drei Fragen:

  • Ist ein Restwert in der Berechnung zu berücksichtigen?
  • Welche Zeitspanne ist zugrunde zu legen?
  • Sind Reparaturkosten oder Demontagekosten mit einzubeziehen und wenn ja, in welcher Höhe?

Zweistufige Prüfung bei negativer Totalüberschussprognose

Bei einer positiven Ergebnisprognose ist die Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen. Bei einer negativen Prognose ist weiter zu prüfen, welche Gründe dafür verantwortlich sind. Aus einer negativen Gewinnprognose kann nicht ohne weiteres gefolgert werden, der Steuerpflichtige habe auch subjektiv nicht beabsichtigt, einen Totalgewinn anzustreben. Dies ist nur gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen.

Das Finanzgericht sah die Berechnung des Finanzamtes inklusive des Prognosezeitraums von 20 Jahren als zutreffend an und erkannte demzufolge die Verluste ebenfalls nicht an. Dies ergibt sich daraus, dass die PV-Anlage als wesentliche Grundlage des Gewerbebetriebs eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 20 Jahren hat. Diese in den AfA-Tabellen festgehaltene Nutzungsdauer ist zwar für die Gerichte nicht bindend, berücksichtigt jedoch die technische und wirtschaftliche Abnutzung eines unter üblichen Bedingungen arbeitenden Betriebs. Eine längere Nutzbarkeit ist rein spekulativ und stützt sich nicht auf derzeit gesicherte Erkenntnisse.

Ein Restwert der Anlage nach Ablauf der 20-jährigen Nutzungsdauer ist nach Auffassung der Richter ebenfalls nicht als Einnahme zu berücksichtigen. Zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung des Steuerpflichtigen im Jahr 2018 war kaum vorhersehbar, welche Faktoren in welchem Umfang zu einem nennenswerten Restwert der Anlage beitragen könnten bzw. werden.

Keine Verlustanerkennung bei privaten Motiven

Die Finanzrichter sahen aber auch persönliche und außerhalb der steuerrechtlich relevanten Einkünftesphäre liegende Gründe für die Verluste. Denn der Steuerpflichtige im Streitfall hatte einen recht hohen Stromverbrauch und wollte Geld sparen, da der selbst erzeugte Strom finanziell deutlich günstiger war als der von einem Stromanbieter bezogene. Dafür hat er auch die Verluste aus seiner PV-Anlage hingenommen.

Fazit

Durch die Rechtsänderung im Jahr 2022 hat das Urteil des Finanzgerichts in Bezug auf Photovoltaikanlagen zwar nur noch für Altfälle Relevanz. Die Kriterien zur Feststellung einer Gewinnerzielungsabsicht und Abgrenzung zur Liebhaberei in Bezug auf andere Einkünfte bleiben aber weiterhin gültig.

Suchen
Format
Themen
Letzte Beiträge




Weitere interessante Artikel