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ETL-Rechtsexperte Dr. Uwe P. Schlegel: „Kein Arbeitnehmer muss sich auf das Coronavirus testen lassen!“

Wir führen eine Gespensterdebatte
ETL-Rechtsexperte Dr. Uwe P. Schlegel: „Kein Arbeitnehmer muss sich auf das Coronavirus testen lassen!“
Der Kommentar
10.03.2021 — zuletzt aktualisiert: 11.03.2021 — Lesezeit: 4 Minuten

ETL-Rechtsexperte Dr. Uwe P. Schlegel: „Kein Arbeitnehmer muss sich auf das Coronavirus testen lassen!“

Wir führen eine Gespensterdebatte

In diesen Tagen wird viel über Tests auf das Coronavirus diskutiert. Diese sind wahrscheinlich ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Pandemie. Rechtlich betrachtet stellt sich die Frage, ob Menschen unter bestimmten Umständen verpflichtet sind, sich testen zu lassen. Für Arbeitnehmer kann die Antwort auf diese Frage mit dem Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses verbunden sein. Die Diskussion übersieht gleichwohl einen rechtlich erheblichen Gesichtspunkt: Niemand ist verpflichtet, sich testen zu lassen.

Das Coronavirus hat uns schon manche rechtliche Debatte beschert. Rechtsfragen, die vor dem Ausbruch der Pandemie in keinem Lehrbuch, keinem Kommentar juristischer Fachliteratur beantwortet wurden, rücken urplötzlich in den Mittelpunkt heftiger rechtlicher Auseinandersetzungen. Gerade erst wurde die Frage nach einer Impflicht diskutiert. Jetzt spricht die Nation über eine Pflicht, sich auf das Virus testen zu lassen. So genannte Schnelltests sollen die Überprüfung, ob eine Infektion mit dem Virus vorliegt, beschleunigen. Vor allem können solche Tests auch durch medizinische Laien durchgeführt werden und sollen gleichwohl weitgehend zuverlässige Ergebnisse abliefern. Das wäre dann mit hoher Wahrscheinlichkeit ein bedeutsames Element im Rahmen der Infektionsprävention. Was aber, wenn der Betroffene, so beispielsweise die Mitarbeiterin in einem Friseursalon oder einem Altenheim, den Test ablehnt?

Die Antwort auf diese Frage ist zunächst einmal ganz einfach. Niemand muss sich gegen seinen Willen medizinisch untersuchen lassen. Das gilt für das Coronavirus wie für jede andere potentielle Erkrankung auch. Niemand muss zur Krebsvorsorge, niemand muss sich einem regelmäßigen Bluttest unterziehen. Egal wie sinnvoll die Untersuchung auch sein mag. Da gilt für Arbeitnehmer im Friseursalon und im Altenheim nichts anderes. Wir führen insoweit eine Gespensterdebatte.

Der rechtlich maßgebliche Punkt ist ein ganz anderer. Wenn sich der Altenpfleger, die Krankenschwester, der Mitarbeiter in der Postfiliale oder wer auch immer einem Test auf das Coronavirus verweigert, kann das dazu führen, dass diese Personen aus Gründen des Infektionsschutzes nicht mehr arbeiten gehen dürfen. Und dann wird der Arbeitgeber den nicht auf das Virus Getesteten gegebenenfalls das ihnen an sich zustehende Arbeitsentgelt vorenthalten dürfen. Damit konzentriert sich die rechtliche Diskussion auf die Frage, unter welchen Umständen der Arbeitnehmer, der sich einem Test auf das Coronavirus verweigert, seinen Anspruch auf Entlohnung verliert. Hier ist vor pauschalen Aussagen zu warnen! Nur weil jemand in einem Pflegeheim arbeitet, muss er sich nicht zwingend regelmäßig auf das Coronavirus testen lassen. Maßgeblich ist vielmehr ob und inwieweit der Mitarbeiter angesichts seiner individuellen Lebensumstände und der Art der von ihm geschuldeten Tätigkeit ein gesteigertes Infektionsrisiko für die Bewohner des Pflegeheims darstellt. Sollten sämtliche oder nahezu sämtliche Bewohner des Heims – insbesondere aufgrund einer entsprechenden Impfquote – einen ausreichenden Schutz vor dem Virus erfahren haben, kann die Anforderung an den Mitarbeiter, sich regelmäßig testen zu lassen, schnell unverhältnismäßig sein. Das gilt umso mehr, wenn der Beschäftigte selbst bereits einen ausreichenden Impfschutz aufweist. Damit kommt es letztlich immer zu einer Abwägung widerstreitender Interessen. Hier der Schutz der Bevölkerung vor einer weiteren Ausbreitung des Virus. Dort das Recht eines jeden Menschen, selbst darüber entscheiden zu dürfen, welche Art von medizinischer Untersuchung bei ihm durchgeführt wird. Es ist also wie so häufig, wenn man sich mit rechtlichen Fragen befasst: Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls.

Ganz am Schluss noch eine schlechte Nachricht für Arbeitnehmer: Wer sich dem Schnelltest auf das Coronavirus verweigert, obwohl an sich bei Abwägung der erwähnten, widerstreitenden Interessen ein Test als für den Arbeitnehmer zumutbar anzusehen ist, kann – wiederum einzelfallabhängig – seinen Arbeitsplatz riskieren! Arbeitgeber werden nicht unter allen Umständen verpflichtet werden können, ein Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten, wenn der Arbeitnehmer wegen einer möglichen Infektion mit dem Coronavirus auf nicht absehbare Zeit nicht beschäftigt werden kann bzw. nicht beschäftigt werden darf.

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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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