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Homeoffice im Ausland

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21.05.2024 — zuletzt aktualisiert: 27.05.2024 — Lesezeit: 11 Minuten

Homeoffice im Ausland

Die Corona-Pandemie hat vielen Arbeitnehmern nicht nur die Nachteile, sondern auch die Vorteile des mobilen Arbeitens vor Augen geführt. So lassen sich Familie und Beruf durch den Wegfall von Fahrtzeiten besser vereinbaren und auch eine örtliche Flexibilität innerhalb von Deutschland sowie im Ausland ist möglich. Immer öfter finden sich unter den Bewerbern Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Ausland, die mit dem Wunsch an ihren Arbeitgeber herantreten, zeitweise oder unbefristet vom Homeoffice im Ausland aus tätig zu werden. Das kann sehr gut funktionieren, stellt aber den Arbeitgeber auch vor so einige organisatorische Herausforderungen. Um sich mit den komplexen Regeln vertraut zu machen, benötigen Arbeitgeber (nicht nur für diesen Text) Durchhaltevermögen.

Vertragliche Grundlagen und Meldepflichten beachten

Für die Arbeit von zu Hause aus gibt es keinen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers. Umgekehrt dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter aber auch nicht einfach zum Homeoffice verpflichten. Die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen finden sich daher oftmals entweder im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag.

Neben der arbeitsrechtlichen Grundlage sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber auch über eventuelle Vorschriften und Meldepflichten im Tätigkeitsstaat informieren, von dem aus im Homeoffice gearbeitet werden soll. Beispielsweise in der Schweiz und den Ländern des EWR-Raums (Norwegen, Island, Liechtenstein) können Beschränkungen existieren. Die ETL Rechtsanwälte unterstützen hier gern.

Betriebstätte durch Homeoffice?

Die Frage, ob durch das Homeoffice des Mitarbeiters eine Betriebstätte des Arbeitgebers im Ausland begründet wird, ist steuerlich sehr relevant. Denn dadurch kann es unter Umständen zu einer Verlagerung des Besteuerungsrechts für das Gehalt kommen. Als Betriebstätte wird im deutschen Steuerrecht jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage definiert, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Zudem muss der Arbeitgeber über diese verfügen können. Aus Sicht der Finanzverwaltung und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist im Regelfall bei einem Angestellten aufgrund der fehlenden Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die privaten Räumlichkeiten ihrer Arbeitnehmer nicht von einer Betriebstätte auszugehen. Eine Betriebstätte kann jedoch anzunehmen sein, sofern es sich um einen Geschäftsführer oder leitenden Angestellten handelt. Hier könnte eine Geschäftsleitungsbetriebstätte begründet werden. Dies entspricht grundsätzlich auch der Auffassung der OECD im Musterkommentar zu den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Die OECD fordert aber eine Einzelfallbetrachtung.

Durch Homeoffice kann Gehaltsaufteilung notwendig werden

Die steuerliche (und auch sozialversicherungsrechtliche) Beurteilung kann nur dann korrekt vorgenommen werden, wenn bekannt ist, ob weiterhin ein Wohnsitz in Deutschland besteht, wo sich der familiäre Lebensmittelpunkt befindet, ob es sich um eine befristete oder unbefristete Tätigkeit im Ausland handelt und ob deutsche Arbeitstage bestehen. Daher sollten Arbeitgeber ihre im Ausland tätigen Mitarbeiter um diese Auskünfte zu ihrer privaten Lebenssituation bitten.

Im Ausland wohnende Mitarbeiter ohne Wohnsitz in Deutschland sind in Deutschland grundsätzlich beschränkt steuerpflichtig, soweit die Tätigkeit im Inland ausgeübt wird. Arbeitet der Mitarbeiter ausschließlich aus dem ausländischen Homeoffice, besteht daher kein inländisches Besteuerungsrecht. Ausnahmen von dieser Regel können bestehen, soweit die Tätigkeit im Inland verwertet wird. Dafür muss sich die Tätigkeit der Arbeitnehmer in einem verwertbaren Produkt oder Recht niederschlagen. Dieser Fall ist eher selten.

Wichtig: Eine weitere Ausnahme kann seit 1. Januar 2024 durch bilaterale Abkommen, wie z. B. mit Luxemburg, entstehen. Nach der neuen Gesetzesfassung gilt die nichtselbständige Arbeit dabei auch als im Inland ausgeübt oder verwertet, soweit die Tätigkeit im Ausland ausgeübt wird und ein mit dem ausländischen Staat abgeschlossenes Doppelbesteuerungsabkommen oder eine Konsultations-vereinbarung Deutschland ein Besteuerungsrecht zuweist.

Lohnsteuerabzug grundsätzlich nur für inländische Arbeitstage

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch den Steuerabzug vom Arbeitslohn erhoben, soweit der Arbeitslohn von einem inländischen rechtlichen oder wirtschaftlichen Arbeitgeber gezahlt wird. Zieht der Arbeitnehmer aus rein privaten Gründen ins Ausland und wird dort tätig, bleibt die Lohnsteuerabzugsverpflichtung des inländischen Arbeitgebers zunächst in vollem Umfang bestehen.

In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob der Mitarbeiter nach deutschem Recht gegebenenfalls nur beschränkt steuerpflichtig mit seinen inländischen Arbeitstagen ist. Arbeitgeber sollten hier nicht nur die allgemeinen Regelungen prüfen, sondern beachten, dass für Geschäftsführer und leitende Angestellte gesonderte Regelungen bestehen. In einem dritten Schritt ist dann das jeweilige DBA dahingehend zu prüfen, welchem Staat für diese inländischen Arbeitstage das Besteuerungsrecht zugewiesen wird.

Ist der Arbeitnehmer nur mit den inländischen Arbeitstagen beschränkt steuerpflichtig, muss der Arbeitslohn für den Lohnsteuerabzug nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 14. März 2017 – IV C 5 – S 2369/10/10002 aufgeteilt werden. Wie die Finanzverwaltung in ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2023 in Tz. 350ff. klarstellt, gelten für die Tätigkeit im Homeoffice die allgemeinen Aufteilungsregelungen der DBA.

Bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern kann seit dem 1. Januar 2020 das ELStAM-Verfahren angewendet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass den Arbeitnehmern eine Identifikationsnummer zugeteilt worden ist, die beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers zu beantragen ist. Der entsprechende Antrag kann auch vom Arbeitgeber gestellt werden.

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Für eine korrekte Abrechnung ist immer das jeweilige DBA im Einzelfall zu prüfen. Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer dort steuerpflichtig, wo er wohnt und seinen Lebensmittelpunkt hat. Dieser Staat gilt als Ansässigkeitsstaat. Abweichungen können sich ergeben, wenn die Tätigkeit in einem anderen Staat ausgeübt wird oder es sich um Geschäftsführer handelt.

Die Steuerpflicht verbleibt im Wohnsitzstaat bzw. Ansässigkeitsstaat, wenn der Arbeitnehmer sich im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten, je Kalenderjahr oder je Steuerjahr aufhält und die Vergütungen nicht von einem Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat gezahlt werden und die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat. Das bedeutet: Nur wenn alle drei Voraussetzungen erfüllt werden, verbleibt die Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat.

Beispiel 1: Arbeitnehmerin A hat ihren alleinigen Wohnsitz und familiären Lebensmittelpunkt in Staat B und ist dort unbeschränkt steuerpflichtig. Sie arbeitet für das in Deutschland ansässige Unternehmen U als Sachbearbeiterin. Die Arbeitnehmerin arbeitet 2 Tage in der Woche im Büro in Deutschland und übernachtet dabei im Hotel oder bei Freunden. An 3 Tagen in der Woche arbeitet sie aus dem Homeoffice in Staat B.

Lösung: Die Arbeitnehmerin ist in Deutschland nur mit ihren inländischen Arbeitstagen beschränkt steuerpflichtig. Sie überschreitet zwar nicht die 183-Tage-Grenze, jedoch wird ihr Gehalt von einem inländischen Arbeitgeber gezahlt und wirtschaftlich getragen. Das Besteuerungsrecht für die 2 Tage pro Woche hat daher Deutschland. Das Gehalt für die anderen 3 Tage ist im Staat B steuerpflichtig. Im Rahmen der Gehaltsabrechnung ist eine Aufteilung vorzunehmen.

Beispiel 2: Angestellter C ist Single und hat seinen Wohnsitz in Deutschland. Er arbeitet als Teamleiter für seinen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber. Da ihm die Winter in Deutschland zu kalt sind, arbeitet er von November bis Februar für 4 Monate im Homeoffice im Ausland im Staat D. Seinen deutschen Wohnsitz behält er bei. Arbeitstage in Deutschland hat er in diesem Zeitraum nicht.

Lösung: Der Angestellte bleibt aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland mit seinem Welteinkommen steuerpflichtig. Aufgrund der Kürze des Auslandsaufenthaltes verbleibt sein Lebensmittelpunkt und der Ansässigkeitsstaat ebenfalls in Deutschland. Da C weniger als 183 Tage im Ausland verbringt, seine Vergütung von einem inländischen Arbeitgeber gezahlt wird und der Arbeitgeber auch keine Betriebsstätte in dem ausländischen Staat hat, verbleibt das Besteuerungsrecht für die im Homeoffice ausgeübten Arbeitstage in vollem Umfang in Deutschland. Der Arbeitgeber muss den Lohnsteuerabzug auf das volle Gehalt vornehmen.

Sonderfall Grenzgänger

Homeoffice-Tätigkeiten von Grenzgängern haben insbesondere in der Corona-Pandemie Arbeitgeber und Finanzverwaltung vor ganz neue Fragen gestellt. Daraus resultierten insbesondere mit Österreich und der Schweiz neue Konsultationsvereinbarungen. So gilt für die neue Grenzgängerregelung mit Österreich, dass die Grenzgängereigenschaft bereits dann erfüllt ist, wenn der Arbeitnehmer in seinem Wohnsitzstaat (Deutschland oder Österreich) in der Nähe zur Grenze seinen Hauptwohnsitz hat und die Arbeitnehmertätigkeit üblicherweise in der Nähe der Grenze erfüllt. Arbeitstage im Homeoffice sind somit keine schädlichen Tage im Sinne der Grenzgängerregelung. Auch in Bezug auf die Schweiz gelten Homeoffice-Tage nicht als Nichtrückkehrtage.

Erleichterungen gibt es seit Januar 2024 auch für Grenzpendler aus Luxemburg. Das DBA Deutschland-Luxemburg wurde dahingehend angepasst, dass bis zu 34 Tage (bisher 19 Tage) Tätigkeit im Homeoffice für die Grenzpendler unschädlich sind, also zu keiner Aufteilung des Gehalts führen. Im nationalen deutschen Recht wurde dafür extra die oben beschriebene Ergänzung der Tatbestände der beschränkten Steuerpflicht eingeführt, um einen Anknüpfungspunkt im nationalen Recht zu schaffen.

Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung – Grundsatz Tätigkeitsortprinzip

Die steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Homeoffice-Tätigkeit im Ausland sind unabhängig voneinander. Grundsätzlich gilt in der Sozialversicherung das Tätigkeitsortprinzip. Bei Beschäftigung in einem einzelnen Staat bereitet dies keine Probleme. Bei gleichzeitiger Beschäftigung in mehreren Staaten muss jedoch zunächst festgestellt werden, wo der maßgebende Erwerbsort liegt und welches Sozialversicherungsrecht anwendbar ist. Innerhalb der EU sowie im Verhältnis zur Schweiz und den EWR-Staaten ist geregelt, dass immer nur die Rechtsvorschriften eines Landes gelten. Dabei gilt der Grundsatz, dass bei gleichzeitiger entgeltlicher Tätigkeit in mehreren Staaten die Sozialversicherungspflicht im Wohnland besteht, sofern die Tätigkeit dort mindestens 25 Prozent der gesamten Arbeitszeit ausmacht.

Hinweis: Da die Regelungen im Einzelnen kompliziert sein können, ist immer die Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts zu empfehlen, denn eine falsche sozialversicherungsrechtliche Beurteilung kann für Arbeitgeber sehr teuer werden. Auch wenn erst nach Jahren festgestellt wird, dass die Sozialversicherungspflicht in einem anderen Staat bestand, können Beiträge in der Regel noch nachgefordert werden. Doch nicht in jedem Fall ist eine Erstattung der fälschlicherweise – z. B. in Deutschland – entrichteten Beiträge dann noch möglich, sodass es sogar zur Doppelbelastung kommen kann.

In der Praxis sind meist drei verschiedene Grundfälle anzutreffen. Im Folgenden werden dabei nur Fälle im EU-Ausland sowie im Verhältnis zu Schweiz und den EWR-Staaten betrachtet.

Fall 1: Homeoffice

Der Mitarbeiter arbeitet ausschließlich aus dem ausländischen Homeoffice für einen Arbeitgeber, der in Deutschland ansässig ist.

Der Arbeitnehmer unterliegt in diesem Fall ausschließlich dem Sozialversicherungssystem seines Wohnsitzstaates, der gleichzeitig der Tätigkeitsstaat ist. Der deutsche Arbeitgeber ist zur Zahlung der Beiträge nach ausländischem Recht verpflichtet und unterliegt diesbezüglich den ausländischen Rechtsvorschriften. Er muss sich also im Ausland registrieren und Beiträge abführen.

Fall 2: Workation

Auf Wunsch des Arbeitnehmers wird dieser kurzfristig und nur vorübergehend im Ausland tätig (auf neudeutsch: Workation). Bei diesem in der Praxis sehr häufig anzutreffenden Fall arbeitet der Arbeitnehmer also nur ausnahmsweise für einen begrenzten Zeitraum ausschließlich von zu Hause oder von einem anderen Ort, z. B. einem Ferienhaus aus.

Ein solcher Fall ist in den entsprechenden EU-Verordnungen zur Sozialversicherung so gar nicht vorgesehen. Daher hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für diese Fälle entsprechende Leitlinien veröffentlicht. Aus Vereinfachungsgründen wird in diesen Fällen unterstellt, dass es sich um eine sozialversicherungsrechtliche Entsendung handelt und somit das Sozialversicherungsrecht des bisherigen Tätigkeits- und Wohnsitzstaates weiter anwendbar bleibt. Begründet wird dies damit, dass der Arbeitnehmer weiterhin dem Direktionsrecht des deutschen Arbeitgebers unterliegt.

Fall 3: Arbeit im Büro und im Homeoffice

Noch komplizierter wird es, wenn der Arbeitnehmer regelmäßig sowohl im ausländischen Homeoffice arbeitet, als auch im Büro in Deutschland.

Für die korrekte Zuordnung zu einem Sozialversicherungssystem kommt es hier auf den zeitlichen Umfang der jeweiligen Tätigkeit an. Liegt der Anteil des ausländischen Homeoffice unter 25 Prozent, kommen die Rechtsvorschriften des Landes zum Tragen, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Liegt der Anteil über 25 Prozent, sind im Regelfall die Sozialversicherungsvorschriften des Wohnsitzstaates anwendbar. Die endgültige Entscheidung obliegt jedoch immer den Sozialversicherungsbehörden.

Wichtig: Deutschland ist dem ab 1. Juli 2023 gültigen Rahmenabkommen bezüglich regelmäßiger grenzüberschreitender Telearbeit beigetreten. Das Übereinkommen wurde zunächst für die Dauer von 5 Jahren geschlossen. Ab 1. Juli 2023 können Arbeitnehmer bis zu 49,99 Prozent der Gesamtarbeitszeit aus dem Homeoffice im Wohnstaat erbringen, ohne dass dies Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des Sozialversicherungsrechts hat. Das bedeutet, es verbleibt bei der Anwendbarkeit des Sozialversicherungssystems des Staates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.

Um von dieser Regelung zu profitieren, müssen sowohl der Wohnsitzstaat als auch der Staat des Arbeitgebers dem Abkommen beigetreten sein. Eine Liste der aktuell beigetretenen Länder finden Sie hier.

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