Höhe des Säumniszuschlags ist verfassungskonform
Wer seine Steuern nicht pünktlich zahlt, muss mit empfindlichen Konsequenzen rechnen. Pro angefangenen Monat entsteht ein Säumniszuschlag von 1 Prozent auf die Steuerschuld (abgerundet auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag). Dies entspricht im Grunde einer Mehrbelastung von 12 Prozent pro Jahr, bei einer Steuerschuld von 1.000 Euro kommen in einem Jahr bereits 120 Euro Säumniszuschläge zusammen. Eine verspätete Zahlung sollte daher unter allen Umständen vermieden werden.
Höhe des Säumniszuschlags lange Zeit umstritten
Lange Zeit war umstritten, ob die Höhe des Säumniszuschlags angemessen und verfassungskonform ist. Viele Steuerpflichtige klagten dagegen bei den Finanzgerichten und legten auch Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. In einigen Fällen wurde zumindest die Aussetzung der Vollziehung gewährt. Die Hoffnung auf eine positive Entscheidung wurde vor allem durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2021 genährt, wonach der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen von 0,5 Prozent pro Monat gegen das Grundgesetz verstößt. Für Verzinsungszeiträume ab 2019 wurde daraufhin der Zinssatz rückwirkend auf 0,15 Prozent pro Monat (1,8 Prozent Jahreszins) abgesenkt.
Steuerpflichtige argumentierten in den Klageverfahren, dass im Säumniszuschlag von 1 Prozent pro Monat auch ein Zinsanteil, z. B. von 0,5 Prozent (6 Prozent p.a.) enthalten sei. Die übrigen 0,5 Prozentpunkte bzw. 6 Prozent p.a. würden dann auf die weiteren Zwecke des Säumniszuschlags entfallen, insbesondere als Sanktionsmittel zur pünktlichen Zahlung und zum Ausgleich für zusätzliche Verwaltungskosten.
VII. und X. Senat des Bundesfinanzhofs halten an Höhe des Säumniszuschlags fest
Die Kläger konnten sich mit ihrer Auffassung jedoch nicht durchsetzen. Der BFH sieht trotz des strukturellen Niedrigzinsniveaus keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe des Säumniszuschlags (vgl. BFH-Urteil vom 15.11.2022 – VII R 55/20 und Urteil vom 23.08.2023 – X R 30/21).
Die Schlussfolgerungen aus dem Grundsatzurteil des BVerfG zur verfassungswidrigen Vollverzinsung von Steuerschulden mit 6 Prozent pro Jahr können nach Ansicht des VII. Senats nicht auf den Säumniszuschlag übertragen werden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG scheidet aus. Die Höhe des Säumniszuschlags verletzt auch nicht das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG wegen eines Verstoßes gegen das Übermaßverbot. Eine Vorlage an das BVerfG hält der BFH in dieser Frage offensichtlich ebenfalls nicht für erforderlich.
Der X. Senat des BFH sieht auch für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2018, also für Zeiträume, für die der steuerliche Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen von 6 Prozent pro Jahr als verfassungswidrig eingestuft wurde, keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Höhe des Säumniszuschlags. Damit schließt sich der X. Senat der Auffassung des VII. Senates des BFH an. Alle offenen Verfahren gegen den Säumniszuschlag wurden vom BFH abgewiesen. Lediglich die Aussetzung der Vollziehung konnte in ein paar Fällen erreicht werden.
Tipp: Aussitzen und Nichtzahlen ist keine Option. Bei absehbaren Zahlungsschwierigkeiten sollte im Vorfeld eine Stundung oder auch eine Ratenzahlung beim Finanzamt beantragt werden, um hohe Säumniszuschläge zu vermeiden. Die Stundung kostet zwar ebenfalls Stundungszinsen von 6 Prozent pro Jahr; sie kann aber mitunter auch zinslos gewährt werden. Um unbillige Härten zu vermeiden, ist im Einzelfall auch ein (Teil-)Erlassnach § 227 AO möglich. Dies liegt allerdings im Ermessen der Finanzbehörden. Derzeit ist dazu beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 85/16 noch ein Verfahren anhängig, mit dem geklärt werden soll, ob Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen sind, wenn die Aussetzung der Vollziehung vom Finanzamt abgelehnt wurde und die Steuerfestsetzung später aufgehoben wird.