Heilbehandlungsleistung versus sonstige Leistung
Heilbehandlungen eines Arztes sind zwar grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Doch es gibt eine Vielzahl von Ausnahmen, die strittig sind und immer wieder die Finanzgerichte beschäftigen, z. B. die Erstellung von bestimmten ärztlichen Gutachten.
Notdienste sind umsatzsteuerfrei
Leistungen eines Arztes, die im Rahmen des ärztlichen Notdienstes erbracht werden, sind in der Regel als Heilbehandlungsleistungen umsatzsteuerfrei. Das gilt sogar, wenn ein Arzt die notärztliche Betreuung bei Veranstaltungen übernimmt und dabei im Zweifel nur auf einen notfallmedizinischen Einsatz wartet. Die Bundesfinanzrichter beurteilten das Warten auf einen notfallmedizinischen Einsatz als notwendige Nebenleistung zur ärztlichen Vorsorge und Behandlungspflicht des Notarztes.
Honorare für Notdienstvertretung sind umsatzsteuerpflichtig
Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist hingegen, wie es sich bei der vertretungsweisen Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes verhält. Hier entschied das Finanzgericht Münster im Mai 2023, dass es sich bei den für die Notdienstvertretung vereinnahmten Entgelten um umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen handelt. Bei dem verhandelten Fall übernahm ein selbständig tätiger Allgemeinmediziner für die von ihm vertretenen Ärzte alle mit dem ärztlichen Notdienst zusammenhängenden Verpflichtungen einschließlich der Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des übernommenen Notfalldienstes. Die dabei erbrachten ärztlichen Leistungen rechnete er im Wege der Privatliquidation oder über die Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der geschlossenen Vereinbarung ab. Von dem jeweils vertretenen Arzt erhielt er für die Notdienstvertretung zudem ein Honorar zwischen 20 und 40 Euro je Stunde.
Die Finanzrichter sahen in der Vertretungsleistung keine steuerfreie Heilbehandlungsleistung, da die Vertretung eines anderen, bereits zum ärztlichen Notfalldienst zugeteilten Arztes den Schutz, die Aufrechterhaltung oder die Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit nicht weiter fördert und damit keinem therapeutischen Zweck dient. Für sie sind die Vertretungsleistungen und die im Notdienst ausgeführten Heilbehandlungsleistungen auch keine einheit lichen Leistungen, die insgesamt umsatzsteuerfrei sind. Auch das Argument des Arztes, dass der ärztliche Notdienst selbst einem therapeutischen Zweck dient, weil nur so eine zeitnahe Erbringung der Heilbehandlungsleistungen möglich ist, konnte die Finanzrichter nicht überzeugen.
Blutentnahmen für die Polizei sind umsatzsteuerpflichtig
Auch die Entnahme von Blutproben für Polizeibehörden sind keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungsleistungen. Denn sie dienen vorrangig der Beweiserhebung und der Erstellung eines ärztlichen Berichts, in dem das Geschlecht, das Gewicht, die Körpergröße, der Zeitpunkt der Probenentnahme, das Ergebnis einer Befragung zum Vorliegen eines Blutverlustes oder Schocks, zur Einnahme von Medikamenten oder Drogen und zum Vorliegen vom jeweiligen Vorfall unabhängiger Leiden etc. festzuhalten ist. Damit steht nicht der Schutz des Gesundheitszustandes des Betroffenen im Vordergrund, sondern die Beweiserhebung im Zusammenhang mit einem strafrechtlich oder öffentlichrechtlich geführten Verfahren. Anders sieht es aus, wenn es um Untersuchungen zur Haft und Verwahrfähigkeit geht. Hierbei handelt es sich um umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen.
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Das Verfahren ist seit 20. Februar 2024 unter dem Aktenzeichen XI R 24/23 beim BFH anhängig. Es bleibt abzuwarten, wie die obersten Finanzrichter entscheiden werden. Bis dahin sollten Ärzte entsprechende Blutentnahmen weiter mit Umsatzsteuer abrechnen, sofern sie keine umsatzsteuerlichen Kleinunternehmer sind.