Entwurf zum Jahressteuergesetz 2024 liegt vor
Auch 2024 soll es wieder ein neues Jahressteuergesetz geben. Am 5. Juni 2024 hat die Bundesregierung den 240 Seiten starken Gesetzentwurf beschlossen. Neben einer Vielzahl von verfahrensrechtlichen Regelungen sind auch Änderungen im Bereich der Einkommen- und Umsatzsteuer vorgesehen.
Anpassung der Steuerbefreiung bei Photovoltaikanlagen
Die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von auf, an oder in Gebäuden (einschließlich Nebengebäuden) vorhandenen Photovoltaikanlagen sollen steuerfrei sein, wenn die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bis zu 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit (Erhöhung von bis zu 15 auf bis zu 30 kW (peak)) und insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft beträgt. Durch die neue Formulierung wird zudem klargestellt, dass auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeein-heiten (ohne Wohneinheiten) Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind und es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt.
Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets
Mobilität von Arbeitnehmern wird bereits durch die Steuerbefreiung von Tickets für den ÖPNV und die Überlassung von Fahrrädern gefördert. Jetzt will der Gesetzgeber die pauschale Besteuerung (25 %) von geldwerten Vorteilen ermöglichen, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in Form von Mobilitätsbudgets bis maximal 2.400 Euro pro Jahr gewährt. Dafür muss die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Mo-bilitätsbudget ist das den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellte Angebot zur Nutzung von außerdienstlichen (privaten) Mobilitätsleistungen, z. B. E-Scooter oder Sharing-Angebote, in Form eines Sachbezugs oder Zuschusses. Die Pauschalierung gilt nicht für Luftfahrzeuge, private Kraftfahrzeuge und dauerhaft zur Privatnutzung überlassene Firmenwagen.
Buchwertübertragung bei identisch beteiligten Mitunternehmern
Die unentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen den Gesellschaftsvermögen verschiedener Mitunternehmerschaften derselben, identisch beteiligten Mitunternehmer soll zukünftig zum Buchwert möglich sein. Damit wird vermieden, dass stille Reserven aufzudecken und zu versteuern sind.
Vereinfachungsregelung für Bonusleistungen bei gesundheitsbewusstem Verhalten
Bonusleistungen der Krankenkasse bis zu 150 Euro pro Jahr werden bisher nur aufgrund einer Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung nicht als Beitragsrückerstattungen behandelt, die zu einer Kürzung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen führen können. Dies wird künftig gesetzlich geregelt.
Verlängerung der Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Die Tarifglättung für land- und forstwirtschaftliche Einkünfte soll um zwei Betrachtungszeiträume (2023 bis 2025 und 2026 bis 2028) verlängert werden. Diese ermöglicht eine gleichmäßigere steuerliche Belastung bei einem Wechsel von ertragreichen und ertragarmen Wirtschaftsjahren. Dazu wird für den Betrachtungszeitraum ein Durchschnittsgewinn und eine fiktive Vergleichssteuer ermittelt. Die tarifliche Steuer des dritten Jahres wird dann um den Saldo aus regulärer Steuer und Vergleichssteuer ermäßigt.
Neue Umsatzsteuerbefreiungen
Die Vorschrift über Bildungsleistungen wird neu gefasst und endlich an das EU-Recht angepasst. Umsatzsteuerfrei sind danach der Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen erbracht werden. Der Begriff „Einrichtungen“ umfasst dabei auch natürliche Personen, Personen-zusammenschlüsse und Gesellschaften mit Gewinnerzielungsabsicht. Auch selbständige Lehrer, die als freie Mitarbeiter Unterrichtsleistungen an Schulen, Hochschulen oder anderen Bildungseinrichtungen erbringen, sind als andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen anzusehen. Leistungen der Fortbildung sollen jedoch nur dann umsatzsteuerbefreit sein, wenn die Einrichtungen ke ine systematische Gewinnerzielung anstreben. Ebenfalls steuerbefreit soll zukünftig der Schul- und Hochschulunterricht sein, der von Privatlehrern erteilt wird.
Auch bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben, sollen künftig umsatzsteuerfrei sein. Gleiches soll für die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen durch Einrichtungen ohne Gewinnstreben gelten, wenn die Nutzungsüberlassung in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung steht. Beratungsleistungen eines Dachverbands für die Sportvereine im Bereich des Marketings und der Gewinnung von Sponsoren bleiben jedoch steuerpflichtig.
Neufassung der Kleinunternehmerregelung
Dazu gehört:
- Anhebung der Umsatzgrenzen
- tatsächliche Umsätze statt Prognose
- Ausweitung der Kleinunternehmerregelung auf in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässige Unternehmer
- Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung kann nur noch bis zum letzten Tag des Monats Februar des übernächsten Kalenderjahres erklärt werden
Die Kleinunternehmerregelung soll ab dem Jahr 2025 voraussetzen, dass der inländische Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr 100.000 Euro nicht überschreitet. Beim Umsatz des laufenden Jahres geht es also künftig um den tatsächlichen Gesamtumsatz und nicht mehr um eine Umsatzprognose. Das bedeutet: Sobald der Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr den Grenzwert von 100.000 Euro überschreitet, entfällt die Kleinunternehmerregelung und die Umsätze unterliegen der regulären Umsatzbesteuerung. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze sind steuerfrei. Bisher kann die Kleinunternehmerregelung auch dann bis zum Ende des Kalenderjahres angewendet werden, wenn der tatsächliche Umsatz entgegen der Prognose die aktuelle Grenze von 50.000 Euro im Laufe des Kalenderjahres überstiegen hat.
Änderung beim Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs
Derzeit ist der Vorsteuerabzug zulässig, wenn die Leistung erbracht wurde und der Unternehmer eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung besitzt. Wenn der leistende Unternehmer die Steuer nach vereinbarten Entgelten berechnet (Soll-Versteuerer), ändert sich nichts. Versteuert der Unternehmer seine Umsätze jedoch nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerer), soll der Vorsteuerabzug ab 1. Januar 2026 erst zulässig sein, wenn auch eine Zahlung auf eine ausgeführte Leistung erfolgt ist.
Damit der Rechnungsempfänger die notwendige Information erhält, um den zutreffenden Zeitpunkt für seinen Vorsteuerabzug bestimmen zu können, müssen Ist- Versteuerer künftig ihre Rechnungen um den Hinweis „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ ergänzen.
Absenkung des Durchschnittssteuersatzes für Land- und Forstwirte
Land- und Forstwirte können für die Lieferung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse unter bestimmten Bedingungen einen Durchschnittssteuersatz anwenden. In gleicher Höhe ist ein Vorsteuerabzug möglich. So müssen Landwirte für diese Umsätze im Ergebnis keine Umsatzsteuer entrichten. Geplant ist, den Durchschnittssteuersatz ab 2025 von 9 % auf 8,4 % abzusenken.
Ab 2026 soll der Durchschnittssteuersatz automatisiert angepasst werden. Hierzu sind die Vorsteuern aller pauschalierenden Landwirte zu den Umsätzen aller pauschalierenden Landwirte ins Verhältnis zu setzen. Der für das Folgejahr geltende Steuersatz wird dann bis zum 1. Juli des laufenden Jahres ermittelt und im Bundessteuerblatt veröffentlicht.
Ort der sonstigen Leistung bei virtuellen Veranstaltungen
Bei Streaming-Leistungen kann nicht so einfach festgestellt werden, wo die Leistung erbracht wird. Damit es zu einer einheitlichen Regelung kommt, wird das Umsatzsteuergesetz an die EU-Rechtsprechung angepasst: Kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen (z. B. im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen an einen Endverbraucher) werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden. Werden die Leistungen per Streaming übertragen oder auf andere Weise virtuell verfügbar gemacht, ist der Ort der sonstigen Leistung dort, wo der Empfänger ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.