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Durchschnittssatzbesteuerung in der Putenmast

Bundesfinanzhof urteilt zu Leistungen zum Tierwohl
Durchschnittssatzbesteuerung in der Putenmast
Aktuelles
29.01.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

Durchschnittssatzbesteuerung in der Putenmast

Bundesfinanzhof urteilt zu Leistungen zum Tierwohl

Nicht nur Vegetariern liegt das Wohl von Tieren am Herzen. Auch Landwirte möchten, dass es ihren Tieren gut geht. Doch wie sind Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls steuerlich zu behandeln? Ob die Durchschnittssatzbesteuerung oder der umsatzsteuerliche Regelsteuersatz angewendet wird, hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 29. August 2024 (V R 15/23) zu entscheiden. Da noch Fragen offenblieben, wurde der Fall an das Finanzgericht Baden-Württemberg zur endgültigen Entscheidung zurückverwiesen.

Förderprogramme für mehr Nachhaltigkeit

Die Steuerpflichtige, die eine Putenmast betrieb, nahm im Streitjahr an einem Programm zur Förderung einer tiergerechten und nachhaltigeren Fleischerzeugung teil. Im Rahmen dieses Programms verpflichtete sie sich, über die gesetzlichen Anforderungen an Putenmastbetriebe hinausgehende Anforderungen und Qualitätskriterien einzuhalten, die im Rahmen des Programms geprüft wurden.

Ein anderes Unternehmen zahlte an die Steuerpflichtige für die Umsetzung und Einhaltung der dokumentierten Anforderungen während des Anspruchszeitraums eine Vergütung. Die Steuerpflichtige wendete in ihrer Umsatzsteuererklärung für die Besteuerung ihrer Umsätze aus dem Betrieb der Putenmast die Durchschnittssatzbesteuerung an, erfasste aber die Zahlungen für das Tierwohl-Programm als Entgelte für Umsätze, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegen. In diesem Zusammenhang machte sie abziehbare Vorsteuerbeträge geltend. Die Vorsteuerbeträge ermittelte sie durch einen Umsatzschlüssel, indem sie die gezahlte Vorsteuer im Verhältnis der Umsätze zum allgemeinen Steuersatz und der Umsätze aus der Durchschnittssatzbesteuerung aufteilte.

Finanzamt versagt Vorsteuerabzug

Das Finanzamt ließ den Vorsteuerabzug nicht zu. Auch das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Die geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien für Eingangsleistungen angefallen, die unmittelbar der Produktion der Tiere, das heißt dem späteren, der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegenden Ausgangsumsatz „Verkauf der Schlachttiere“ zuzuordnen seien. Ein rein kausaler Zusammenhang genüge für die anteilige Vorsteuerberechtigung im Zusammenhang mit der sonstigen Leistung nicht.

Tiergerecht bleibt immer noch Tierzucht

Der BFH widersprach zwar dem Finanzgericht, jedoch aus anderen Gründen als die Steuerpflichtige beabsichtigte. Für den BFH ging es nicht vorrangig um den Aufteilungsmaßstab der Vorsteuer, sondern er setzte schon bei der grundlegenden Frage an, welche Leistungen unter die Durchschnittssatzbesteuerung fallen.

Verpflichtet sich ein die Durchschnittssatzbesteuerung anwendender Tierzuchtbetrieb gegen Entgelt über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende Bedingungen für eine tiergerechte und nachhaltige Fleischerzeugung einzuhalten, liegt entgegen dem Urteil des Finanzgerichts eine der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegende Leistung vor.

Zu den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, die die Durchschnittssatzbesteuerung anwenden dürfen, gehören insbesondere Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach dem Bewertungsgesetz zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.

Im Streitfall sind die von der Steuerpflichtigen im Rahmen des Programms erbrachten Umsätze zu diesen Umsätzen zu zählen, da es sich um landwirtschaftliche Dienstleistungen im Sinne des EU-Rechts handelt. Die Steuerpflichtige erbrachte eine auf das Hüten, die Zucht und das Mästen von Geflügel bezogene Leistung und war dabei mit den personellen und sachlichen Mitteln tätig, wie sie typischerweise in landwirtschaftlichen Betrieben zum Einsatz kommen.

Unerheblich ist hierbei, dass die im Rahmen des Programms erbrachte Dienstleistung lediglich einen Teilbereich verbesserter Haltungsbedingungen betraf. Denn die im Rahmen des Programms erbrachte Leistung bestand darin, statt einer „normalen“ Putenmast eine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende, den Bedürfnissen der Tiere weiter entgegenkommende Putenmast zu betreiben, was aber nichts an dem Vorliegen des Hütens, der Zucht und des Mästens von Geflügel änderte.

Daher war auch auf diese Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung anzuwenden und ein weiterer Vorsteuerabzug demzufolge nicht möglich.

Prüfung unrichtiger Steuerausweis

Der BFH konnte in der Sache jedoch nicht endgültig entscheiden, da das Finanzgericht noch weiter prüfen muss, ob die Steuerpflichtige die Umsatzsteuer gegebenenfalls aufgrund eines unrichtigen Steuerausweises nach § 14c UStG schuldet. Der Fall wurde daher an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Hinweis: Sollte das Finanzgericht zum Ergebnis kommen, dass die Steuerpflichtige die zum Regelsteuersatz von 19 Prozent ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UstG schuldet, müsste diese alle falsch ausgestellten Rechnungen für die Umsetzung und Einhaltung der dokumentierten Anforderungen des Programms zur Förderung einer tiergerechten und nachhaltigeren Fleischerzeugung berichtigen. Damit würde dem pauschalen Durchschnittsteuersatz auf die Leistungen in der gleichen Höhe ein pauschaler Vorsteuerabzug gegenüberstehen. Ohne Korrektur müssten 19 Prozent Umsatzsteuer gezahlt werden, ohne dass für die bezogenen Eingangsleistungen Vorsteuer abgezogen werden darf.

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