„Unsere Art der Landwirtschaft ist ein Bekenntnis zur Natur“
„Im Einklang mit der Natur“. Diesem Motto hat sich Guido Leutenegger, Gründer von Natur Konkret, dem aktuellen Grünen Mandat der ETL-Gruppe, mit Leib und Seele verschrieben. Für den Schweizer Landwirt, der auch drei Höfe in Brandenburg bewirtschaftet und dort mit unkonventionellen Projekten überregional für Furore sorgt (ETL berichtete), ist die Verbindung von Produktion mit Naturschutz und Förderung der Biodiversität vor Ort ein täglicher Antrieb, der für Außenstehende mitunter kuriose Blüten treiben kann. Davon durfte sich nicht zuletzt Benjamin Hummel überzeugen. Der Leiter von ETL Agrar & Forst unterstützt Natur Konkret seit Dezember 2022 bei seinen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen für den Kranichhof in Ribbeckshorst, das Teichland Linum sowie den Großtrappenhof in Lütte.
Auf Letzterem säte Guido Leutenegger Rosenkohl als Nahrung für die schützenswerten Großtrappen. Das brachte Hummel damit anfangs durchaus beinahe zur Verzweiflung, wie uns der ETL Agrar & Forst-Leiter schmunzelnd berichtet: „Als Guido mich kontaktierte, ob wir dafür einen Förderantrag stellen könnten, fragte ich mich schon einen kurzen Augenblick: ‚Was mache ich hier eigentlich?‘“ Denn für die meisten Landwirte sei ein Tier wie die Großtrappe kein gern gesehener Gast. Verbreitet sei die Angst, in eine Naturschutzzone mit entsprechenden landwirtschaftlichen Auflagen zu geraten. Leutenegger aber baut nicht nur Futter für den heimischen Vogel an, sondern benennt seinen Hof in Lütte nach der Trappe und führt sie sogar als Logo. Der Schweizer sendet damit für alle sichtbar ein Bekenntnis zur Natur und Tierwelt, die dort vorherrschen, wo Natur Konkret wirtschaftet. „Mit naturnahen Produktionsformen versuchen wir Naturschutz, Tierschutz und die Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln in Einklang zu bringen. Tiergerecht, naturnah und einzigartig sind nicht nur beliebte Schlagworte, sondern unsere ernsthafte Betriebsphilosophie, an der wir uns auch messen und kontrollieren lassen“, erklärt Leutenegger.
Richtiges und Wichtiges umsetzen
Angefangen hat der Natur Konkret-Gründer einst mit der Haltung von Hochlandrindern in der Schweiz. Bereits mit seinem ersten Betrieb ging er nach dem sogenannten Feed no Food-Prinzip („verfüttere keine Lebensmittel“) vor, welches auf dem Grundsatz der direkten Lebensmittelproduktion für den Menschen, statt des Anbaus von Futter für Nutztiere, basiert. „Wir verfütterten ausschließlich Heu, Gras und Wasser. Das galt schon als speziell. Auf der Landwirtschaftsschule sagten sie zu mir: ‚So kannst du kein Fleisch produzieren.‘ Dabei belieferten wir zu der Zeit Restaurants mit 19 Gault-Millau-Punkten (Wertungssystem für Restaurants zwischen 0 und 19,5 Punkten). Ich konnte also beweisen, dass es funktioniert.“ Eine Erfahrung, die Leutenegger zur Devise machen sollte: „Man muss das umsetzen, was man als richtig und wichtig erachtet. Wenn das am Ende wirtschaftlich passt, ist es gut. Wenn nicht, darf es einem zumindest nicht das Genick brechen.“.
Damit das nicht passiert, setzt Guido Leutenegger seit Dezember 2022 auf die Hilfe der Beratung von ETL Agrar & Forst. „Wir bekamen am 10. Dezember den Anruf eines Mandanten mit der Bitte, uns doch einmal mit Guidos Konzept für die drei Brandenburger Höfe auseinanderzusetzen und zu schauen, ob wir ihn bei den Agrarförderanträgen unterstützen könnten“, erinnert sich Benjamin Hummel. Anträge, deren Frist zur Einreichung am 15. Dezember abliefen. „Meine Mitarbeiterin Janine Paulke hat mich schnell davon überzeugt, es zu versuchen“, so Hummel. „Wir haben sehr viel Zeit und Mühe investiert, aber es hat sich gelohnt. Schließlich ist es auch meine Überzeugung, dass Landwirtschaft das Potenzial besitzt, der Umwelt etwas zurückzugeben, statt nur zu nehmen. Diesen Geist habe ich bei Natur Konkret sofort gespürt.“. Dabei verlässt sich Leutenegger keineswegs darauf, seine Ideale über Fördergelder zu monetarisieren. „Wir haben kein Interesse daran, irgendwelchen Fördergeldern hinterherzujagen, die dann am Ende gestrichen werden“, erklärt er. „Wir wollen nachhaltig etwas aufbauen. Wenn das gefördert wird, umso besser. Aber wir müssen mit den Produkten unserer Landwirtschaft unser Geld und unseren Lebensunterhalt verdienen. Sonst können wir nicht nachhaltig sein.“.
Den ökonomisch-ökologischen Spagat meistern
Der Landwirt zwingt sich durch diese „Überzeugungstäterschaft“, wie er sie nennt, in einen Spagat. Denn er ist darauf angewiesen, sich, seine Betriebe und seine Erzeugnisse selbst zu vermarkten. „Unsere Produkte findet man nicht in herkömmlichen Supermärkten. Wir haben viel geringere Vermarktungsmöglichkeiten, also müssen wir unsere Geschichten erzählen und darin glaubhaft vermitteln, dass wir uns für den Schutz der Biodiversität einsetzen. Der Käufer entscheidet dann, ob ihm das etwas wert ist.“. Hierfür hat Leutenegger vor 13 Jahren den Grundstein gelegt. Damals lief im Schweizer Fernsehen ein kleiner Beitrag über den Landwirt, auf den ein Informatik-Student aufmerksam wurde und seine Hilfe beim Aufbau eines Online-Shops anbot. „Zuerst dachte ich, das sei zwar nett, aber kein Must-have als Landwirt“, erinnert sich der Natur Konkret-Gründer. „Heute weiß ich, dass es einer meiner größten unternehmerischen Fehler gewesen wäre, nicht auf das Angebot einzugehen.“.
Die Selbstvermarktung als verhältnismäßig „kleiner“ Landwirt ist ein Kraftakt, den Leutenegger aus gutem Grund nicht als „Königsweg“ verstanden wissen möchte. Daher seien weder die Hochlandrinder auf dem Kranichhof noch der Reisanbau in Linum oder die Umsorgung der Großtrappen in Lütte die Antworten auf die landwirtschaftlichen Fragen Brandenburgs. „Es sind unsere Antworten auf die Situationen vor Ort“, betont der Schweizer. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht, weiß er. Einen anderen Weg als den, im Einklang mit der Natur zu wirtschaften, gibt es für einen wie ihn aber auch nicht, betont er – es schwingt Stolz darauf mit, sich den Herausforderungen immer wieder neu zu stellen.