Corona-Lockdown: Sind freiwillig gezahlte Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerpflichtig?
Die Corona-Krise und insbesondere der behördlich bzw. staatlich angeordnete Lockdown hatte viele Unternehmen ab dem Frühjahr 2020 vor ernste, existenzielle Herausforderungen gestellt. Betroffen waren dabei nicht nur Hotellerie und Gastronomie, sondern auch andere Dienstleister, wie Reisebüros oder Fitnessstudios. Gerade bei Letzteren stellte sich nicht nur zivilrechtlich die Frage, wie sich der Corona-Lockdown auf die laufenden Mitgliedschaften und Verträge auswirkte. Schnell wurde klar, dass es sich bei der lockdownbedingten Schließung um eine Leistungsstörung handelt, bei welcher der Unternehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung hat.
In der Praxis wurde dies oftmals recht hemdsärmelig durch individuelle Vereinbarungen (Verschiebung der Leistung), durch Ersatzleistung (Training im Freien) oder im Ausnahmefall auch durch freiwillige Zahlung ohne Leistungserbringung gelöst, um das Fortbestehen des Unternehmens zu ermöglichen. Die Mitgliedbeiträge wurden also weitergezahlt – mit oder ohne Gegenleistung. Unstrittig ist, dass diese Mitgliedsbeiträge steuerpflichtige Betriebseinnahmen des Fitnessstudios sind. Doch aus umsatzsteuerlicher Sicht ist das nicht ganz so einfach.
Dort, wo die ursprünglich vereinbarten Leistungen unter erschwerten Bedingungen anderweitig, aber vollwertig erbracht werden konnten oder dort, wo der Leistungszeitraum schlicht nach hinten verschoben wurde, ist unstreitig, dass die erhaltenen Zahlungen entweder als erbrachte Leistungen oder zumindest als Anzahlungen umsatzsteuerpflichtig waren.
Doch bei freiwilligen Zahlungen ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob es sich aufgrund der Leistungsstörung und mangels eines damaligen Leistungsaustausches überhaupt um einen umsatzsteuerbaren Vorgang handeln kann.
Freiwillig gezahlte Mitgliedsbeiträge sind keine echten Zuschüsse
Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hat hierzu zunächst einmal mit Urteil vom 16. November 2022 entschieden, dass auch freiwillig gezahlte Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerpflichtig sind, sofern die Zahlung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Dauerschuldverhältnis steht. Dies war aus Sicht der Finanzrichter vorliegend der Fall, da anstelle der unmöglich gewordenen Leistungen (Training vor Ort) andere Leistungen (Onlinetraining, Trainingsplan, Trainingsbesprechungen etc.) angeboten wurden. Dass diese Leistungen mitunter nicht abgerufen wurden und teilweise auch – entgegen der Ankündigung – teilweise nicht einmal durchgeführt wurden, spielte dabei keine Rolle. Die Zusatzzahlungen wurden somit im Grunde wie umsatzsteuerpflichtige Trinkgelder an den Unternehmer beurteilt. Es handelte sich weder um echte Zuschüsse noch um Fehlzahlungen, die jeweils nicht steuerbar wären.
Gegen die Entscheidung ist allerdings die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 36/22 anhängig.
Tipp: Entsprechende Fälle sollten bis zur abschließenden Klärung offengehalten werden. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Umsatzsteuerfestsetzung im Ausnahmefall nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.