Ausfallgebühren: Schadenersatz oder Leistungsaustausch
Sagen Patienten Termine nicht ab, ist das ärgerlich. Denn es wird der Verwaltungsaufwand erhöht und der Arbeitsablauf in der Praxis gestört. Nicht zuletzt kommt es dadurch zu Honorareinbußen. Um den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen, verlangen einige Praxen deshalb von ihren Patienten Ausfallgebühren, wenn diese einen Termin nicht rechtzeitig absagen.
Ausfallhonorar nicht immer gerechtfertigt
Ob und in welcher Höhe der Arzt ein Ausfallhonorar beanspruchen kann, hängt wie so oft, vom Einzelfall ab. Der Arzt hat nach § 615 BGB grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm die Behandlungskosten ersetzt werden. Allerdings muss er sich dabei anrechnen lassen, was er infolge des Ausbleibens seiner ärztlichen Leistungen an Aufwendungen spart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt. Für die Praxis bedeutet dies oftmals, dass der Arzt gar keine entsprechenden Ansprüche geltend machen kann. Das betrifft vor allem Hausarztpraxen, die ohnehin ein volles Wartezimmer haben. Anders sieht es bei den sogenannten Bestellpraxen aus. Hier ist es üblich, dass der Arzt für den Patienten einen Termin freigehalten hat und keine Möglichkeit besteht, dass ein anderer Patient diesen Termin wahrnimmt.
Steuerliche Behandlung der Ausfallgebühren
Der Zufluss von Ausfallgebühren ist ganz klar eine Praxiseinnahme, die den steuerpflichtigen Gewinn der Praxis erhöht. Ob die Ausfallgebühren umsatzsteuerbar sind, ist dagegen nicht ganz so einfach zu beantworten. Das Umsatzsteuerrecht knüpft die Steuerbarkeit an einen Leistungsaustausch. Dieser ist gegeben, wenn zwischen zwei Personen eine Leistung gegen Entgelt (Gegenleistung) erbracht wird. Bei einer Behandlungsleistung ist der Leistungsaustausch deutlich erkennbar. Der Mediziner erbringt eine Behandlungsleistung und erhält dafür ein Honorar. Dieses ist zwar umsatzsteuerbar, aber als Heilbehandlungsleistung umsatzsteuerfrei.
Beim Ausfallhonorar ist die vorherrschende Meinung, dass dieses eine Schadenersatzleistung darstellt und damit kein Leistungsaustausch vorliegt. Damit wäre das Ausfallhonorar nicht umsatzsteuerbar. Leider ist es nicht ganz so einfach: Bei Ausfallhonoraren muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Zahlung eine Vergütung für eine (teilweise) erbrachte Leistung, eine Vergütung einer nicht erbrachten Leistung oder eine Zahlung ohne Entgeltcharakter ist. Nur das Letztere ist tatsächlich ohne umsatzsteuerliche Wirkung.
Höhe des Ausfallhonorars ausschlaggebend
Maßgebend ist, wie der Arzt die Höhe des Ausfallhonorars ermittelt und ob diese eine Abgeltung des tatsächlich entstandenen Schadens darstellt. Erscheint ein Patient nicht zu dem vereinbarten Termin, entstehen dem Praxisinhaber sowohl Kosten für das Bereithalten der Praxiskapazitäten als auch ein Ausfall des Behandlungshonorars, das üblicherweise in dieser Zeit erzielt worden wäre. Das Ausfallhonorar sollte daher dem durchschnittlichen Honorarumsatz für die Zeiteinheit entsprechen. Dabei ist zusätzlich zu beachten, dass die freigewordene Behandlungszeit womöglich durch einen anderen Patienten genutzt werden kann und sich darum auch ernsthaft bemüht werden sollte. Auch ist eine vorab geschlossene Vereinbarung mit dem Patienten über die Gegebenheiten und die Höhe des Ausfallhonorars notwendig, da ansonsten gar kein rechtmäßiger Schadenersatzanspruch entstehen kann.
Vorsicht bei pauschalem Ausfallhonorar
Wird das Ausfallhonorar als Pauschalbetrag ohne schriftliche Vereinbarung, ohne nachweisbare Begründung über den entstandenen Schaden durch die ausgefallene Behandlungszeit und ohne Bemühungen um eine Ersatzbehandlung berechnet, kann eine umsatzsteuerbare Leistung vorliegen. Ob diese umsatzsteuerpflichtig oder -steuerfrei ist, hängt dann davon ab, welche ausgefallene Leistung dem Ausfallhonorar zugrunde liegt.
Tipp: Um Nachfragen und Diskussionen bei Betriebsprüfungen zu vermeiden, sollten Ausfallhonorare lückenlos dokumentiert werden.